Die Chef-Kümmerin

Ärger mit Behörden, fehlerhafte Hartz-IV-Bescheide oder hartleibige Bürokratie: Anlaufstelle für solche Probleme ist das Büro der Bürgerbeauftragten für soziale Angelegenheiten. Seit 2001 leitet die Diplom-Betriebswirtin Birgit Wille das zehnköpfige Beratungsteam – nun scheidet Schleswig-Holsteins Chef-Kümmerin aus dem Amt: Nach zwei Wahlperioden sei eine „natürliche Schnittstelle erreicht“, sagte Wille, die gestern ihren letzten Tätigkeitsbericht vorstellte.

Ihre Bilanz nach 13 Jahren eigener Tätigkeit und einem Vierteljahrhundert Beauftragten-Stelle im Land fällt gemischt aus: Die Zusammenarbeit mit der Politik sei über alle Fraktionsgrenzen hinweg gut, aber viele strukturelle Probleme bleiben ungelöst. Die Beauftragte darf keine Sanktionen verhängen, sie kann nur vermitteln und mahnen. „Aber kritisieren allein reicht nicht“, sagt Wille.

Fast 3.900 Menschen suchten im Vorjahr Rat bei der Bürgerbeauftragten – ein neuer Rekord. In rund einem Drittel der Fälle geht es um Harz IV. Einen Schwerpunkt bildeten Fragen zum Schuldenerlass bei Krankenkassen, der einmalig bis Ende 2013 möglich war. Und die Grundsicherung im Alter taucht immer wieder auf. „Die Altersarmut wächst stetig, das ist in Zahlen und Daten abzulesen“, warnt Wille.

Im Einzelfall kann sie zwar oft helfen, strukturell aber tritt sie auf der Stelle – oder stößt an Grenzen: „Wir haben es oft mit Bundesbehörden wie der Agentur für Arbeit zu tun. Da kann eine Landes-Beauftragte wenig ausrichten.“ Notwendig sei daher eine Beauftragten-Stelle auf Bundesebene: „Dann könnte man vernetzt arbeiten.“

Nach dem Ausscheiden aus dem Amt „mache ich erstmal Pause“, so Wille. Aber sie werde wiederkommen, verspricht sie. Reif für die Rente fühlt sich die Mittfünfzigerin – Jahrgang 1960 – jedenfalls noch nicht. Und es ist vielleicht kein Zufall, dass sie sich jüngst dafür einsetzte, Altersgrenzen für Bürgermeister und Landräte deutlich nach oben zu verschieben.  EST