PORTRAIT RAÚL VON DANIEL THEWELEIT
: Der Erlöste

Eine Gruppe Reporter hatte sich in der Halbzeit an einem Stehtisch eingefunden, die Herren tranken Filterkaffee aus Pappbechern und waren sich einig. „Schalke spielt schon wieder nur zu zehnt“, sagte einer, die anderen nickten. Mit 2:0 führte Gladbach zu diesem Zeitpunkt, und Raúl, der größte Star, der jemals das königsblaue Trikot getragen hat, stand zwar auf dem Platz, war aber wieder einmal unsichtbar. Später sollte sein Coach Felix Magath sagen: „Ich weiß, dass es viele gibt, die an ihm gezweifelt haben, aber ich habe nicht eine Sekunde dran gedacht, ihn auszuwechseln.“

So gelang Raúl der späte Treffer zum 2:2, der am Ende immerhin den Sprung vom letzten auf den vorletzten Tabellenplatz möglich machte. Der Stürmer wurde gefeiert, dabei hatte eine Nachrichtenagentur den 33-Jährigen eben noch als „Sinnbild der Schalker Krise“ porträtiert. Sechs magere Torschüsschen hatte er in den ersten fünf Partien abgegeben, „er ist der Leidtragende unserer schlechten Anfangsphase“, erklärte Magath. Denn Raúl wartete vergeblich auf präzise Bälle in den Strafraum, die nun erstmals von Neuzugang Jurado geliefert wurden.

Raúl soll an der Seite seines Landsmanns aufblühen. „Ich hatte richtig Lust darauf, endlich mein erstes Tor zu schießen, und bin sehr erleichtert, dass ich das heute geschafft habe“, sagte Raúl, bevor er sich auf den Heimweg zur Familie nach Düsseldorf begab. „Ich bereue nichts – und schon gar nicht diesen Wechsel“, hat er jüngst erzählt. „Ich wollte das unbedingt, um ein neues Kapitel in meiner Karriere aufzuschlagen, wir stecken in einer spannenden Phase, ich genieße diese Zeit.“

Ruhm und Erfolg sind nicht mehr die Fixpunkte seines Alltags. „Er hat ein Stück Lebensqualität, die er in Madrid nicht hatte, er kann hier mit seiner Familie so ruhig leben wie noch nie zuvor“, erzählte Christoph Metzelder. Dass er sich auch auf dem Rasen praktisch unsichtbar gemacht hat, war aber ganz bestimmt nicht Raúls Absicht.