heute in bremen
: Diskussion: Die Türkei und wir

Jürgen Gottschlich, taz-Mitbegründer und Autor von „Die Türkei auf dem Weg nach Europa“ über Beitritts-Perspektiven

taz: Die Türkei wird derzeit Europa wieder ferner. Die deutsche Gesellschaft kommt selbst mit ein paar Lehrerinnen mit Kopftuch nicht zurecht.

Jürgen Gottschlich: Man müsste genauer gucken, warum sie Europa ferner wird. Einer der Gründe ist, dass man die Türkei hier über das Kopftuch-Problem als muslimisches Land definiert.

Aber die Lehrerinnen, die hier Kopftuch tragen wollen, sind nun mal Türkinnen.

Klar, aber alle Türken können nicht darüber definiert werden, dass ein Paar Frauen ein Kopftuch aufhaben.

Ist das Kopftuch in der Türkei auch ein Ausnahme-Phänomen?

Nein, die Gesellschaft ist Halbe-Halbe gespalten.

Kann Europa die Türkei integrieren?

Klar, das muss kein großes Problem sein.

Müssen wir uns an Kopftuch tragende fromm-muslimische Lehrerinnen gewöhnen oder sollte das Kopftuch in der Schule so strikt verboten werden wie in der Türkei?

Ich würde nicht sagen, generell verbieten. Bei uns hat das eine andere Geschichte als in der Türkei.

In den letzten Jahren wurde viel Hoffnung gesetzt auf eine europäisierte Form des Islam.

Europäischer Islam, das ist ein leeres Wort. Aber was es geben muss, ist eine Auseinandersetzung im Islam – so wie es das im Christentum auch gegeben hat – über den historischen Zusammenhang dieser Religion.

Was ist der größte Fehler, den europäische Politiker gegenüber der Türkei derzeit machen?

Ignoranz: Unverständnis der türkischen Situation. Fragen: Kawe

Heute 20 Uhr, auf Einladung der Europa-Union in der Landeszentrale für Politische Bildung: Lesung und Diskussion über EU-Beitrittsperspektiven