Uli Hoeneß verlässt das Spielfeld

FEHLER DES LEBENS Der Big Player ist gestürzt. Er übernimmt „persönliche Verantwortung“ und wird seine Haftstrafe antreten. Seine Ämter bei FC Bayern München gibt er auf. Darf er dennoch Idol bleiben, oder ist er nur noch ein Straftäter? Und: Reicht das Strafmaß?

■ betr.: „Mia san hier“, taz vom 14. 3. 14

Gott versah uns mit zwei Händen, dass wir doppelt Gutes spenden; nicht um doppelt zuzugreifen und die Beute aufzuhäufen in den großen Eisentruhn, wie gewisse Leute tun – (ihren Namen auszusprechen dürfen wir uns nicht erfrechen – hängen würden wir sie gern, doch sie sind so große Herrn, Philanthropen, Ehrenmänner, manche sind auch unsre Gönner, und man macht aus deutschen Eichen keine Galgen für die Reichen.)

Heinrich HeineDer Einsender ist ein überzeugter Gegner der Todesstrafe. MANFRED LANG, Zirndorf

■ betr.: „Wir werden nicht mit Ihnen heulen“, taz vom 11. 3. 14

Alle Bewunderer und Fußballfans sollten endlich erkennen, dass ihr Idol ein Straftäter ist, der nicht nur einen kleinen Fehler begangen hat. Hinter seinem finanziellen Handeln stand ein gut durchkalkuliertes System, das nur auf Gewinnmaximierung und Profit ausgerichtet war. Dazu gehören auch die vielen guten Taten und Spenden, die eigentlich nur darauf ausgerichtet waren, in der Öffentlichkeit ein gutes Bild abzugeben. Hoeneß hat seine Fans jahrelang geblendet. THOMAS HENSCHKE, Berlin

■ betr.: „Wir werden nicht mit Ihnen heulen“, taz vom 11. 3. 14

Deutliche Worte! Richtig so. Mit dem Wetten auf Devisenkurse verzocken sie auch noch die Welt – unsere Welt, unsere schöne Welt. „Asoziale Type“ ist da noch geschmeichelt. Wer mit der Blutgrätsche anfängt, muss sich nicht wundern, wenn er vom Platz gestellt wird. NORBERT VOSS, Berlin

■ betr.: „Sein schwerstes Spiel“, taz vom 11. 3. 14

Uli Hoeneß war immer schon ein Big Player, bei seiner Steuerhinterziehung hat er davon – leider – keine Ausnahme gemacht. Der „tiefe Fall Hoeneß“ dürfte wohl inzwischen das bestschlechteste Beispiel dafür sein, wie sich jemandes über Jahrzehnte aufgebautes, lauteres Image binnen Kurzem zerlegt und in kaum noch ineinander greifenden Einzelteilen auf dem Boden neuer Tatsachen (nach Paragraf 173 Abgabenordnung) wiederfindet. Das Ganze mutet an wie das Drama eines (eigentlich) blendenden Lebens. Einer Tragik freilich, die Mitleid und/oder Verständnis nicht locken kann, weil sie Hoeneß höchstselbst zu verantworten hat. Und weil, auch wenn es prinzipiell an der Tat nichts ändert, der Umfang seines Steuerbetruges eine Maßlosigkeit an sich darstellt, welche die Vorstellungskraft und den Denkhorizont des gemeinen Steuerzahlers schlichtweg überfordert.

Selbst wenn Hoeneß’ Börsenzockerei pathologische Züge hatte, sein Verhalten gegenüber dem Gemeinwesen war betrügerisch, sozial ambivalent und höchst doppelmoralig. Nun gibt er sich demütig und einsichtig, zumindest vor Gericht. Noch mehr Einsicht hätte Uli Hoeneß bewiesen, wenn er als Präsident seines FC Bayern Compliance-konform und zeitnah zur Selbstanzeige der Steuerstraftat zurückgetreten wäre. IRA und MATTHIAS BARTSCH, Lichtenau-Herbram

■ betr.: „Chaoten-Malus vor Gericht“, taz.de vom 12. 3. 14

Diese immer wieder geforderte vollständige Abschaffung der Strafmilderung/Aufhebung per Selbstanzeige verhindert Verbrechen in der Dimension eines Hoeness keineswegs. Aber sie erledigt so manchen Kioskbesitzer oder Gastronomen, der einfach mit der Steuer nicht klarkommt und vielleicht aus selbstständigem Einkommen ein Resultat erzielt, das ihn eigentlich sogar zum Aufstocken per Hartz berechtigen würde. Man kann auch alle Autobahnen zumachen, nur weil links immer die Raser in den fetten SUVs unterwegs sind. Wem das hilft oder schadet, ist eine ganz andere Sache. Die Polizei muss sich halt mehr an die jeweils relevante Stelle begeben, das ist in einem Fall so wie im anderen. SAUERTEIG, taz.de

■ betr.: „Der Tor des Jahres“, taz vom 11. 3. 14

Den Ball des im Europameisterschaftsfinale 1976 verschossenen Elfmeters von Uli Hoeneß sucht man heute noch in Belgrad.

ARTUR BORST, Tübingen

■ betr.: „Gott hinter Gittern“, taz.de vom 14. 3. 14

Ich war 43 Jahre Vorsitzender eines Sportvereins in Württemberg (VfB-Anhänger). Die Leistung von Uli Hoeneß habe ich immer bewundert und war deshalb maßlos über seinen Steuerbetrug enttäuscht.

Was er allerdings jetzt gemacht hat (Rücktritt, geht ins Gefängnis), verdient uneingeschränkten Respekt. Wer hätte das sonst gemacht? Arnold Herzog, taz.de

■ betr.: „Gott hinter Gittern“, taz.de vom 14. 3. 14

Richtig wäre die Gleichbehandlung: 1. entschädigungslose Enteignung, 2. geschlossene Haft, nicht unter 9 Jahren – ohne Bewährung!, 3. danach in den offenen Hartz-IV-Strafvollzug für Arbeitslose: Regelleistung bzw. gesetzliche Grundsicherung/Sozialhilfe bis zum Lebensende, unter den Bedingungen der ALG-II-„Eingliederungsvereinbarung“, Meldepflicht am Wohnort, regelmäßige Vorlage aller Kontoauszüge, kontrollierte Minijobs im Alter.

Gleichstellung mit vier Millionen Armutsrentner/innen – aus der vormals wert- und mehrwertschöpfenden werktätigen Bevölkerung! Wolfgang, taz.de

■ betr.: „Der Kick, das pure Adrenalin“, taz.de vom 13. 3. 14

Solch ein Fall wie Hoeneß stößt ein Fenster auf und erlaubt uns einen Blick auf Dinge, die uns sonst verwehrt blieben.

Man überlege mal: Da betätigt sich ein viel beschäftigter Spitzenmanager neben seinem Zweitjob als Wurstfabrikant auch noch als Finanzakrobat und bewegt dreistellige Millionensummen mit seinem Smartphonvorläufer Pager. Allein dieser auf 70.000 Seiten dokumentierte Nebenjob ist vom Arbeitsaufwand nur mit Doping zu erklären.

Das klingt jetzt alles etwas zynisch, aber führt uns so zum nächsten Gedankenschritt, respektive in die Bankentürme von Frankfurt, London, New York und Co. Dort arbeitet ein Heer von Leuten im Hauptjob an ebensolchen Dingen, ohne Pager, aber mit allen ausgefeilten Vernetzungen, die die moderne Kommunikation zur Verfügung stellt, und schieben täglich Billionen über den Hochfrequenzhandel, die Hoeneß’ 70.000 Seiten in Sekunden zur Makulatur werden lassen. Ganz im Sinne der marktfundamentalistischen Lehre, dass die „unsichtbare Hand des Marktes“ für alle leistungsloses Manna nach unten tröpfeln lässt, das nur eingesammelt werden muss. Nach dieser „modernen Religion des Geldes“, ist doch jeder ein Depp oder ein Ausgebeuteter, der sein Auskommen mit realer werteschaffender Arbeit bestreitet. Rolf Kuntz, taz.de