Aufsicht gegen längere Laufzeit

Schleswig-Holsteins Ministerin Gitta Trauernicht (SPD) hält allein das Nachdenken über eine Verlängerung für das Atomkraftwerk Brunsbüttel für eine Provokation

BERLIN taz ■ Die oberste Atomaufseherin Schleswig-Holsteins, Gitta Trauernicht (SPD), hat einen möglichen Antrag zur Laufzeitverlängerung für das AKW Brünsbüttel kritisiert. „Es ist sehr provokant, angesichts der aktuellen Sicherheitsüberprüfung des AKW Brünsbüttel überhaupt über eine Laufzeitverlängerung nachzudenken“, sagte Trauernicht (SPD) der taz. Außerdem erklärte ihre Sprecherin, dass der Umbauantrag der Notstromversorgung bei der Kieler Behörde eingegangen ist. „Jetzt müssen die Unterlagen von den Sachverständigen begutachtet und genehmigt werden“, so Sprecherin Ursel Meenzen. Es müsse entschieden werden, ob der Umbau bei Teilbetrieb erfolgen kann „oder ob der Reaktor für die Bauzeit abgeschaltet werden muss“.

Während beim zweiten Punkt Schleswig-Holstein das Sagen hat, hat das Land in Sachen Laufzeitverlängerung nichts zu melden. „Das entscheidet der Bund“, so Trauernicht. Vattenfall-Vorstand Reinhardt Hassa hatte am Wochenende in Aussicht gestellt, Strommengen von anderen Vattenfall-AKWs auf Brunsbüttel übertragen zu wollen. Dadurch würde das laut Atomkonsens 2009 vom Netz gehende AKW länger laufen können. Falls ein solcher Antrag – avisiert für das nächste Jahr – in Berlin eingeht, müssten sich Bundeswirtschaftsminister Michael Glos (CSU), Bundesumweltminister Sigmar Gabriel (SPD) und Kanzlerin Angela Merkel damit befassen. Laut Atomkonsens kann eine Strommenge von einem jüngeren auf ein älteres AKW nur „im Einvernehmen der drei Häuser“ übertragen werden.

Allerdings steht auch noch eine Reststrommenge vom abgeschalteten AKW Stade zur Verfügung. Betreiber Eon, ebenfalls an Brunsbüttel beteiligt, hat noch nicht entschieden, wo diese Reststrommenge verplant werden soll. Da Stade älter ist als Brunsbüttel, wäre ein solcher Schritt nicht genehmigungspflichtig.

Unterdessen hat die Deutsche Umwelthilfe (DUH) Vattenfall gestern unwahre Aussagen vorgeworfen. Hassa hatte der Frankfurter Rundschau erklärt: „Die Anlage ist nach einer Wasserstoffexplosion im Jahr 2001 repariert und saniert worden. Sie läuft seither unbeanstandet.“ DUH-Experte Gerd Rosenkranz: „Das stimmt nicht: 2004 musste Brunsbüttel abgeschaltet werden, weil ein Kabelbrand die Stromversorgung des AKW geschädigt hatte.“ Der Störfall sei seinerzeit auf der offiziellen Skala als „Stufe 1“ eingestuft worden. NICK REIMER