Schlichter Spruch

Der Tarifvertrag der Bahn gilt nur, wenn sie ihr Netz mit an die Börse nehmen kann, sagen Schröder und Biedenkopf

Das Votum der Schlichter erhöht den Druck auf Regierung und Parlament

BERLIN afp/taz ■ Im Streit um die Beschäftigungssicherung bei der Deutschen Bahn AG haben Altbundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) und der frühere sächsische Ministerpräsident Kurt Biedenkopf (CDU) gestern ihren Schlichtungsvorschlag vorgelegt. Demnach kann der bestehende Tarifvertrag vom vergangenen Jahr nur unter der Bedingung bestehen bleiben, dass die Struktur des Konzerns für den 2008 geplanten Börsengang nicht tiefgreifend verändert wird. Der Vorschlag bildet nun die Grundlage für neue Verhandlungen zwischen Konzernleitung und Gewerkschaften, die heute beginnen. Die Gespräche würden „schwierig“, kündigten die Gewerkschaften Transnet und GDBA an. Auch Bahnchef Hartmut Mehdorn rechnet mit „nicht einfachen“ Verhandlungen.

Durch das Votum der Schlichter steigt der Druck auf die Politik, die gegenwärtig darüber diskutiert, wie die Bahn an die Börse gebracht werden soll. Im Kern geht es dabei um die Frage, ob die Bahn das aus Steuergeldern finanzierte Schienennetz behalten soll oder nicht. Durch die Tarifverhandlungen bei der Bahn wird diese Frage nun verbunden mit der zukünftigen Sicherheit der Arbeitsplätze der rund 180.000 Bahn-Arbeitnehmer.

Ein tiefer Einschnitt in die Konzernstruktur wäre nach Ansicht der Schlichter dann gegeben, wenn das derzeit diskutierte „Nießbrauch-Modell“ realisiert wird, wonach der Bund juristischer Eigentümer des Schienennetzes bleibt und der Bahn lediglich ein Nutzungsrecht überträgt. Diese so genannte Eigentumslösung mit Nießbrauchrecht sei mit dem bestehenden Tarifvertrag „nicht vereinbar“, folgerten Schröder und Biedenkopf. Dagegen könnte nach ihrer Auffassung der derzeitige Vertrag weiter gelten, wenn die als alternatives Modell für den Börsengang diskutierte „Call-Option“ zum Zuge käme: Dabei würde der Bahn das Netz als Eigentum übertragen, wobei sich der Bund das Recht vorbehielte, es sich nach einer bestimmten Zeit zurückzuholen.

Mit ihrem Vorschlag gingen Schröder und Biedenkopf ein Stück weit auf die Bedenken der Gewerkschaften ein. Diese hatten in den im August gescheiterten Tarifverhandlungen die Befürchtung vorgetragen, dass der geltende Tarifvertrag im Zuge der Privatisierung hinfällig werden könnte, wenn dabei das Schienennetz von dem Unternehmen abgespalten wird. Bahnchef Hartmut Mehdorn hielt diese Befürchtungen für überflüssig. Er geht davon aus, dass das Netz bei der Bahn bleibt.STEP