Ein Betrüger mit Format

STEUERHINTERZIEHUNG Einen Tag nach seiner Verurteilung akzeptiert Uli Hoeneß seine Strafe und tritt als Bayern-Präsident zurück. SPD fordert härtere Gangart gegen Steuersünder

AUS MÜNCHEN TOBIAS SCHULZE

Ende März könnte der FC Bayern München die Meisterschaft perfekt machen. Falls die Mannschaft die Schale tatsächlich schon am 27. Spieltag beim Auswärtsspiel in Berlin holt, feiert Uli Hoeneß voraussichtlich noch vor Ort im Stadion. Das WM-Endspiel in Rio am 13. Juli muss er sich aber aller Voraussicht nach in der Gefängniszelle anschauen.

Am Freitag hat Hoeneß verkündet, dass er von seinen Ämtern beim FC Bayern zurücktritt und nicht gegen das Urteil des Landgerichts München in Revision gehen wird. Das hatte ihn am Donnerstag zu drei Jahren und sechs Monaten Haft verurteilt, weil er über 28 Millionen Euro Steuern hinterzogen hat. Sollte auch die Staatsanwaltschaft auf Rechtsmittel verzichten, wird das Urteil am kommenden Freitag rechtskräftig. Bis die Behörden Hoeneß zum Strafantritt laden, vergehen nach Justizangaben dann noch einige Wochen.

„Dass Uli Hoeneß jetzt dieses Urteil so angenommen hat, nötigt mir hohen Respekt ab“, sagte Bundeskanzlerin Angela Merkel am Freitag. Die CDU-Politikerin und der Fußballfunktionär hatten einst ein gutes Verhältnis zueinander. Noch zwei Tage vor Hoeneß’ Selbstanzeige im Januar 2013 hatten sie sich in Berlin zum Mittagessen getroffen.

Noch besser waren seine Beziehungen zur CSU: Die soll ihm einst einen Listenplatz für die Landtagswahl angeboten haben. „Man sieht, dass er mit der Situation sehr verantwortungsvoll umgeht“, sagte CSU-Chef Horst Seehofer nun. Er bezeichnete den Steuerbetrüger als „Menschen mit Format“.

Die SPD nutzte das Hoeneß-Urteil, um eine härtere Gangart gegen Steuerhinterzieher zu fordern. Vizekanzler Sigmar Gabriel sagte der Passauer Neuen Presse, Schweizer Banken müssten gezwungen werden, Spekulationsgewinne ihrer Kunden offenzulegen. Vor Gericht sehen will der SPD-Chef „Bankvorstände, die Beihilfe zur millionenfachen Steuerhinterziehung leisten“. Sein Fraktionsvize Carsten Schneider will die Gesetze in Deutschland verschärfen. Langfristig sollten Steuerhinterzieher nicht mehr auf Straffreiheit hoffen dürfen, nur weil sie ihre Taten freiwillig melden. Das Landgericht München bestätigte am Freitag, dass Hoeneß seine Haftstrafe in der JVA Landsberg absitzen muss. Eine feste Gefängnismannschaft, die der Funktionär managen könnte, gibt es dort nicht. Für Spiele steht auf dem Gelände der JVA aber ein Rasenplatz zur Verfügung. Wie lange Hoeneß in Landsberg bleibt, ist unklar. Denkbar ist, dass der FC Bayern dem Häftling eine Arbeitsstelle anbietet und Hoeneß deshalb nach einigen Monaten Freigänger wird, das Gefängnis also tagsüber verlassen darf. Bei guter Führung könnte die zweite Hälfte der Haftzeit zur Bewährung ausgesetzt werden. Zum Rückrundenauftakt 2016 säße Hoeneß dann wieder im Stadion.

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