OFF-KINO
: Filme aus dem Archiv – frisch gesichtet

Ihre ersten Schritte als Schauspielerin vor der Kamera machte Jeanne Moreau ab 1948 in Filmen, an die sich heute eigentlich niemand mehr erinnert. Damals spielte sie sowieso vor allem Theater, und es brauchte fast ein Jahrzehnt, bevor Moreau mit ihren Rollen für Louis Malle in „L’Ascenseur pour l’échafaud“ (1957) und „Les Amants“ (1958) der Durchbruch im Kino gelang. Malle war der erste Regisseur, der Moreau zeigte, wie man sie heute kennt und liebt: mit ihrem unnachahmlichen Gang, den Abgründen, die sich in ihrem Gesicht auftun können, und einer offenen, aber nicht vulgären Erotik. In der Folge spielte sie viele Rollen in den Filmen der Nouvelle Vague, arbeitete mit Antonioni, Buñuel und Orson Welles. Erstaunlich war dabei stets ihre Wandlungsfähigkeit: Ist sie in Marcel Ophüls’ vergnüglicher Komödie „Heißes Pflaster“ (1963) etwa eine gewiefte Gaunerin, die die Männer um den Finger wickelt, verkörpert sie in Antonionis Sinnkrisenwerk „La Notte“ (1960) mit tragischer Intensität die in einer Beziehungsroutine erstarrte Frau eines Schriftstellers. 1965 besetzte Louis Malle die Moreau noch einmal in seiner Revolutionsfarce „Viva Maria!“ als Schauspielerin, die sich während einer Varieté-Tour durch Mittelamerika unversehens als Anführerin einer blutigen Revolte wiederfindet: Erst erfindet sie den Striptease, um dann bei einer revolutionären Ansprache an die Bauern Shakespeares „Julius Caesar“ zu zitieren. Irgendwie ein passendes Bild für die exzeptionelle Karriere der heute 82-jährigen Schauspielerin, der das Lichtblick zurzeit eine Hommage widmet. (Viva Maria, OmU, 30. 9., La Notte, OmU, 2. 10., Heißes Pflaster, 5. 10., Lichtblick)

Für immer Shrek“, der vierte (und vermutlich letzte) Film um den sympathischen grünhäutigen Unhold ist das wohl originellste Werk der Reihe geworden. Denn Regisseur Mike Mitchell stellt in seinem stringent erzählten Computeranimationsabenteuer die vertrauten Figuren in neue Zusammenhänge: Shrek findet sich in einem Paralleluniversum wieder, in dem eine mögliche Variante der bisherigen Oger-Geschichte abläuft. In selbiger kennt ihn niemand mehr, weder der sonst so aufdringliche Esel noch Prinzessin Fiona, die sich längst selbst aus dem Turm befreit hat. Die in den anderen Filmen manchmal nervigen popkulturellen Zitate treten deutlich zurück, und dass Shrek hier erstmals auch in 3-D auftritt, bemerkt man kaum: Statt Spektakel um jeden Preis gibt’s ein wenig mehr räumliche Tiefe. (30. 9.–6. 10., Intimes, 2.–3. 10., Thalia Movie Magic)

Ein Film über das Sammeln: In ihrer Essay-Dokumentation „Les Glaneurs et la glaneuse“ (2000) beobachtet Agnès Varda arme Menschen, die sich von auf den Äckern liegengebliebenen Feldfrüchten ernähren müssen, während anderswo aufgrund von EU-Verordnungen Lebensmittel weggeworfen werden. Aber auch ein Sterne-Koch pflückt auf den Feldern selbst, damit er weiß, was er in seiner Küche verarbeitet. All dies und noch mehr setzt Varda in Beziehung zu sich selbst, einer Sammlerin von Bildern und Erinnerungen. (OmU, 5. 12., Arsenal) LARS PENNING