EIN ROT-ROT-GRÜNES PROJEKT BRAUCHT KEINE INNERE WÄHLERWANDERUNG
: Linke Grüne sind mit der Partei verschweißt

Die Grünen sind eine etablierte Partei. Allerdings gelten sie, wohl wegen ihrer bewegten Geschichte, noch immer als etwas anders, irgendwie moralischer. Kein Wunder, dass in der Linkspartei einige davon träumen, sich diesen Widerspruch zunutze und den Grünen ihren linken Flügel abspenstig zu machen. Dabei stellen sich drei Fragen: Ist dieser Plan neu? Ist er realistisch? Und ist er sinnvoll?

Die Antwort lautet: dreimal nein. Die PDS schielt schon seit ihrer Gründung auf die grüne Klientel im Westen. Zwar kommen einige wichtige Politiker der Linkspartei, etwa der Berliner Wirtschaftssenator Harald Wolf, von den Grünen. Doch grüne Wähler hat die Linkspartei/PDS nie stabil an sich binden können. Und wenig spricht dafür, dass sich dies nun ändert. Denn der linke Flügel ist solide mit den Grünen verschweißt, und zwar heute mehr als gestern. Wer an den sozialen und pazifistischen Gründungsidealen der Partei hing, der hatte in den letzten Jahren – vom Kosovokrieg über den Afghanistankrieg bis zu Hartz IV – eine Vielzahl von Möglichkeiten, den Grünen den Rücken zu kehren. Die meisten blieben – warum sollten sie sich ausgerechnet jetzt, nachdem die Zumutungen der rot-grünen Ära vorbei sind, abwenden?

Ändern wird sich dies erst, wenn Schwarz-Grün auf der Tagesordnung steht, also in ferner Zukunft. Zudem verzeiht das grüne Publikum mit an Ignoranz grenzender Geduld der Führung ihre Fehler. Im Bundestag zum Beispiel haben die Grünen im letzten Jahr auf der Suche nach der verlorenen Oppositionsrolle ein jammervolles Bild abgegeben. Geschadet hat dies der Partei bei den Wahlen keineswegs. Viele grüne Wähler sind Identitätswähler, die unempfänglich für Avancen anderer sind.

Wäre es nicht trotzdem wünschenswert, wenn die Linkspartei Zulauf von den Grünen bekäme? Nein. Die einzige Koalition, von der eine Verteidigung des Sozialstaates zu erhoffen ist, ist Rot-Rot-Grün. Diese Konstellation wäre ein Bündnis, das vom Hartz-IV-Empfänger über den sozialdemokratischen Facharbeiter bis zum ex-alternativen Bürgertum reicht. Wie jedes Bündnis funktioniert es mit Arbeitsteilungen. Unter dieser Perspektive macht es wenig Sinn, wenn der eine Teilnehmer dem anderen die Wähler abjagt. STEFAN REINECKE