Anschlag in Syrien gescheitert

Die US-Botschaft in Damaskus wird Ziel eines Attentatsversuchs. Nach offiziellen Angaben werden drei Angreifer erschossen und einer verletzt. Die syrisch-amerikanischen Beziehungen sind schlecht

VON KARIM EL-GAWHARY

Ein Blick in den Lieferwagen vor der US-Botschaft in Damaskus lässt ahnen, was hätte passieren können. Die Bilder des syrischen Fernsehens zeigen eine Ladefläche, vollbepackt mit einem Dutzend Kochgasflaschen, auf denen jeweils vier Rohrbomben mit Klebeband befestigt sind. Um den Wagen sind überall Spuren eines Schusswechsels und Blutlachen zu sehen. Ein weiteres vollkommen ausgebranntes Auto steht ein wenig abseits.

Wie der Lieferwagen gestern vor die Botschaft kam und warum die Bomben nicht gezündet wurden, ist noch unklar. Nach Angaben der syrischen Behörden sollen vier Angreifer unter dem Einsatz von Handgranaten und automatischen Waffen versucht haben, um 10 Uhr vormittags Ortszeit in die diplomatische Vertretung in dem Viertel Rawda im Zentrum der syrischen Hauptstadt einzudringen. „Eine Gruppe von Terroristen hat die US-Botschaft angegriffen, aber die Sicherheitskräfte haben die Lage schnell unter Kontrolle gebracht“, verkündete Innenminister General Bassam Abdel Madschid im staatlichen Fernsehen. Drei Terroristen seien getötet worden, ein weiterer sei verletzt worden, fasst er zusammen.

Ein Augenzeuge, der syrische Journalist Ayman Abdel Nour, der während des Angriffs vor der benachbarten italienischen Botschaft stand, berichtet, dass die Angreifer unter dem Ruf „Gott ist groß“ aus dem Auto gestürzt seien und auf die Wächter zu schießen begannen. Mindestens ein syrischer Wächter wurde dabei getötet. Anschließend sollen die Attentäter versucht haben, Handgranaten über die Botschaftsmauer zu werfen. Andere Augenzeugen sagten aus, dass zwei der Angreifer nach einem Schusswechsel mit den syrischen Wächtern in ein nahegelegenes Gebäude geflohen seien und dort erschossen wurden. Insgesamt seien vierzehn Menschen verletzt worden, berichtet das syrische Fernsehen. Auf dem Botschaftsgelände selbst, das von US-Marines bewacht wird, ist nach Angaben des US-Außenministeriums nichts passiert.

Über die Hintergründe der Tat war zunächst nichts bekannt. Diplomaten in Damaskus spekulieren, ob es einen Tag nach dem fünften Jahrestages des 11. September 2001 einen Zusammenhang mit al-Qaida gebe. Imad Moustafa, der syrische Botschafter in Washington, nannte „Dschund al-Scham“ („Die Soldaten der Levante“) als mögliche Verantwortliche. Die militante islamistische Gruppe war in den vergangenen Jahren mehrmals in Syrien aktiv.

Die syrische Muslimbruderschaft stritt jegliche Verwicklung ab und schob den schwarzen Peter der syrischen Regierung zu. „Das war eine vom Regime organisierte Aktion“, erklärte Ismail Dschadaa, ein Mitglied der in Syrien verbotenen Muslimbruderschaft. „Das Regime liebt es, mit gefährlichen Karten zu spielen, um ein wenig zu irritieren und zu zeigen, wie effektiv seine Sicherheitskräfte sind“, sagte er gegenüber der arabischen Fernsehstation al-Dschasira.

Der Angriff ereignete sich zu einem Zeitpunkt, an dem das amerikanisch-syrische Verhältnis an einem Tiefpunkt angelangt ist. Die USA werfen der Regierung in Damaskus vor, die irakischen Aufständischen und die libanesische Hisbollah zu unterstützen. Außerdem glaubt Washington, dass der syrische Geheimdienst hinter der Ermordung des ehemaligen libanesischen Ministerpräsidenten Rafik Hariri steckt. Nach der Ermordung Hariris wurde übrigens der US-Botschafter in Damaskus bis zum heutigen Tag abgezogen. In Syrien selbst erreichte die antiamerikanische Stimmung dagegen ihren Höhepunkt während des jüngsten Libanonkrieges, als die US-Regierung einen Waffenstillstand hinauszögerte und den Krieg als eine legitime Selbstverteidigung Israels bezeichnete.

Für den ehemaligen syrischen Informationsminister Mahdi Dachlallah ist der Attentatsversuch „eine Botschaft an die USA, deren Politik zu Spannungen in der Region führt und die den Terroristen Gründe für ihre Anschläge liefert“. Der syrische Journalist Fayez Sara befürchtet, dass sich der syrische Sicherheitsapparat nach diesem bisher kühnsten Attentatversuch der letzten Jahre bedroht fühlt und dass dies Auswirkungen auf das öffentliche Leben in Syrien haben wird. „Der Sicherheitsapparat wird die Schrauben anziehen“, glaubt er.