BERNHARD PÖTTER ÜBER DIE UMWELTPOLITISCHE SPRECHERIN DER UNION
: Grüne Themen, schwarzes Loch

Irgendwer sollte der Unionsfraktion einmal Nachhilfe in Latein geben. Und die Konservativen daran erinnern, dass conservare „bewahren“ bedeutet – und nicht rücksichtslosen Kapitalismus. Denn was grüne Themen angeht, ist die größte und mächtigste Bundestagsfraktion derzeit ein schwarzes Loch: Die AKW-Laufzeiten verlängert, das Energiekonzept durchlöchert – und jetzt noch eine Frau zur umweltpolitischen Sprecherin wiedergewählt, die offenbar für alles spricht, nur nicht für die Umwelt.

Nun hat Marie-Luise Dött selbstverständlich das Recht, Klimaschutz als Ersatzreligion zu betrachten oder die absurden und unbewiesenen Thesen des US-Klimawandelleugners Fred Singer zu loben. Sie dürfte ja auch der Meinung sein, die Erde sei flach – aber dann würde sie wohl kaum zur geopolitischen Sprecherin gewählt.

Das Problem ist deshalb nicht Dött, das Problem ist die Fraktion. Dött ist keine Märtyrerin der Gedankenfreiheit, zu der sie schon stilisiert wird, denn niemand will sie am Denken oder am Sprechen hindern. Und sie ist keine Hinterbänklerin – als solche könnte sie sich als Abweichlerin positionieren und ihren eigenen Gedanken nachhängen. Als Sprecherin der Unionsfraktion zum Thema Umwelt formuliert sie jedoch die Politik der Parlamentarier, die die Bundesregierung tragen. Und was Dött zum Thema Klimapolitik offenbar wirklich denkt, läuft nicht nur konträr zum Konsens fast aller seriösen Wissenschaftler dieser Welt. Es widerspricht auch allen Erklärungen der Fraktion, allen Beschlüssen ihres Umweltministers und allen Beschwörungen ihrer Kanzlerin.

Trotzdem wird Dött jetzt drei Jahre lang die Umweltpolitik der Regierungsfraktion formulieren. Das ist ein herber Verlust an Ansehen und ein Armutszeugnis – für die deutsche Umweltpolitik, aber vor allem für die Meinungsbildung in der Unionsfraktion.

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