Keine Zeit fürs Kleingedruckte
: KOMMENTAR VON BETTINA GAUS

Es gibt gute Gründe, den geplanten Einsatz der Bundeswehr vor der Küste des Libanon prinzipiell abzulehnen. Man kann es vor dem Hintergrund der Vergangenheit unerträglich finden, wenn deutsche Soldaten in einem Konflikt intervenieren, an dem Israel beteiligt ist. Berechtigt sind außerdem Befürchtungen, der Auftrag – nämlich die Verhinderung von Waffenschmuggel – sei unerfüllbar oder die Bundeswehr drohe zur Kriegspartei zu werden.

All diese Einwände sind realistisch und ehrenwert. Sie stellen deutsche Interessen nicht in den Vordergrund der Argumentation, seien sie nun finanzieller oder sicherheitspolitischer Natur. Die pauschale Diffamierung von Gegnern des Einsatzes als Populisten, Drückeberger oder Nationalisten ist deshalb widerlich – und ihrerseits populistisch.

So weit, so einfach. Schwierig wird es für all diejenigen, die einen Einsatz der deutschen Marine im Nahen Osten nicht grundsätzlich ablehnen – und das, obwohl sie in den letzten Jahren allen Anlass für ihre Warnung vor einer Militarisierung der deutschen Außenpolitik hatten. Sei es angesichts des Kosovokrieges, des Angriffs auf Afghanistan oder auch der augenzwinkernden, wenngleich öffentlich geleugneten Unterstützung der Irak-Invasion seitens der rot-grünen Koalition.

Im Libanon liegt die Sache komplizierter. Eine Kontrolle der Hoheitsgewässer ist – bei entsprechender Formulierung des Auftrages – weder völkerrechtswidrig noch militaristisch. Wenn sie denn funktionieren sollte. Aber kann sie das? Und falls das nicht möglich ist: Könnte es im Interesse von Konfliktparteien liegen, einen handfesten Beweis für das Scheitern aller internationalen Bemühungen für eine friedliche Lösung zu erhalten, um damit eigene Aktionen zu rechtfertigen? In wessen Interesse? In dem der Hisbollah? Im Interesse Israels?

Vielleicht im beiderseitigen Interesse. Wer sich im Nahost-Konflikt nicht in der Rolle des nützlichen Marionette wiederfinden will, tut deshalb gut daran, das Kleingedruckte zu lesen. Umso unerfreulicher ist der Eindruck, dass die Entscheidung nun im Eilverfahren durchgepeitscht wird. Kabinett und Parlament sollen einfach eine Meinung haben. Wozu auch immer.