Hier Gangbang-Video, dort Vagina-Bildband

Sex An der Touristenmeile und im Wohngebiet: Sexshops sind in Berlin für alle sichtbar. Die einen setzen auf plumpe Bilder, die anderen wollen aufklären. Ist Sex hier noch ein Geheimnis? Eine Spurensuche

Imbissbuden, Läden mit Touri-Ramsch, Kaufhäuser – am Zoologischen Garten in Berlin ist es wuselig. Und mittendrin ist der Klassiker unter den Sexshops: Beate Uhse. Viele Leute kommen vorbei, manche bleiben stehen, unschlüssig, ob sie hineingehen sollen. Von außen ist nicht viel zu erkennen: Poster hinter der Schaufensterauslage verdecken den Blick.

Im Inneren empfängt den Kunden warmes Rot. Spots tauchen die geräumige Verkaufsfläche in sanftes Licht, im Hintergrund läuft Radiomusik. Die Verkäufer lassen den Kunden ihren Raum, drängen sich nicht auf. In einer Ecke hängen verführerische Dessous aus Spitze, in den Regalen stehen Dildos in verschiedenen Formen und Farben. Für Freunde der härteren Gangart gibt es Nippelklemmen aus Metall, Knebel, Halsbänder und Lederpeitschen. Für den Sex allein finden sich Vaginas aus Silikon und Sexpuppen. So offen, wie alles daliegt, so ungezwungen bewegen sich die Kunden.

„Wir gehen mit dem Thema Sex und Sexshopbesuch ganz offen um, aber nur im Freundeskreis und in der Partnerschaft“, sagt eine von drei Freundinnen, die sich spontan nach einem Theaterbesuch zu einem Besuch bei Beate Uhse entschlossen haben. Sie sehen sich nach sexy Kleidung, Gleitgel und Dildos um. Mehr erzählen wollen sie dann doch nicht.

Weiter hinten im Laden wird es noch expliziter: Sexfilme mit Titeln wie „Mehr Beute für Uwes Meute“, Bilder von Gangbang-Szenen und Frauen, die beim Oralsex vor dem Mann knien. Ein älteres Paar deckt sich mit einem Dreierpack an Sexvideos ein. Der Verkäufer reicht ihnen eine rote Plastiktüte, ohne Logo, ohne Hinweis darauf, was sich darin verbringt. Im Inneren des Sexshops sind Sex und Erotik überall, alle Fantasien und Fetische werden offen gezeigt. Doch nach außen? Darüber sprechen? Nein, Nachfragen sind im Sexshop eher nicht erwünscht. „Ich muss erst den Chef fragen“, sagt die Verkäuferin an der Kasse. „Keine Lust“, gibt ein Pärchen Anfang 40 zu verstehen, bevor es in die Berliner Nacht entschwindet.

Sex im Wohnzimmer

Mietshäuser, ein Frisör, kleine Boutiquen – am Mehringdamm in Kreuzberg ist es beschaulicher als am Zoo. Ein kleiner Laden, mit einer Bank davor, im Schaufenster ein paar Dessous und Dildos in Schwarztönen. Drinnen ist es gemütlich, es könnte ein Wohnzimmer sein: An den weißen Wänden große, mit Öl gemalte Akte in sanften Grau- und Gelbtönen, ruhige Musik, große Sessel und frisch gebrühter Tee.

Große Brüste und Gummipuppen sucht man im „Other Nature“ vergebens. „Unsere Kunden sollen sich wohlfühlen. Die Idee war es, einen Laden zu gestalten, in dem man sich ungezwungen mit den Themen Liebe und Sex beschäftigen kann“, sagt die Besitzerin. Ihr geht es aber nicht nur um Sex: Mit Workshops zur Polyamorie, Transgender, Oralsex aber auch Fußmassage möchte sie ihren Kunden den menschlichen Körper und dessen Sexualität erklären. „Sex ist auch heute noch ein großes Tabuthema“, es gebe Aufklärungsbedarf, sagt sie.

Auch der ökologische Anspruch ist hoch: Die veganen Kondome verzichten auf die tierische Substanz Casein, die Bondageseile sind aus Hanf. Daneben finden sich queer-feministische Fachliteratur, sexpositive Pornovideos und alternative Artikel zur Frauenhygiene. „Die Diva Cup ist unser Verkaufsschlager“, erzählt die Besitzerin. Der kleine, aus Silikon geformte Behälter, dient während der Menstruation als wiederverwendbarer Tampon-Ersatz.

Auf dem Tresen liegt ein Buch, das sich in Wort und Bild mit der Anatomie der Vagina beschäftigt. „Ich möchte meine Kunden fachgerecht beraten können“, sagt die Verkäuferin. Nichts soll im Verborgenen bleiben, alles wird beleuchtet und erklärt.

LAURA ILG, STEPHANIE FRANK