Eine ganz falsche Wahl

In der Frage des neuen Hamburger Wahlrechts hat sich die CDU total isoliert und mit vielen Problemen zu kämpfen. Die GAL-Landesvorsitzende Anja Hayduk kündigt weitere Klage gegen geplantes Wahlgesetz an

Es ist schon ein sehr breites Bündnis: Von der Linkspartei über rot-grün bis zur FDP prügeln beim Thema „Neues Wahlrecht“ alle Parteien auf die CDU ein. Deren mögliche Koalitionspartner nach der Bürgerschaftswahl 2008, FDP und GAL, wollen das CDU-Wahlrecht um jeden Preis verhindern. Im Klartext: Bewegt sich die Elb-Union beim Wahlrecht nicht, steht sie möglicherweise nach der Wahl ohne politischen Partner dar.

Auf einer Wahlrechts-Veranstaltung in der Patriotischen Gesellschaft warf der FDP-Landeschef Wieland Schinnenburg der CDU „ein gestörtes Verhältnis zur Demokratie“ vor. Ihr Bestreben, das per Volksentscheid beschlossene Wahlrecht mit der eigenen, knappen Bürgerschafts-Mehrheit zu kippen, sei eine „Selbstermächtigung“, die mit der FDP „nicht zu machen“ sei.

Die GAL-Landesvorsitzende Anja Hayduk kündigte unterdessen an, ihre Partei werde alles tun, spätestens nach den Wahlen das CDU-Wahlrecht wieder zu kippen, da dieses „keine demokratische Legitimation“ habe.

Lediglich SPD-Chef Mathias Petersen legte sich nicht fest,ob seine Partei alles tun werde, das CDU-Wahlrecht zurückzuholen. Er wolle „einem Wahlprogramm nicht vorgreifen“. Petersens Problem: Er hat mit dem SPD-Vorsitzenden von Mitte, Johannes Kahrs, in der Wahlrechtsfrage einen einflussreichen Gegenspieler, gegen den er sich bislang nicht klar durchsetzen konnte.

Doch auch innerhalb der CDU gibt es massiven Unmut. Dass auf der Wahlrechts-Veranstaltung die Stühle des CDU-Fraktionschef Bernd Reinert und CDU-Landeschef Dirk Fischer aus „Termingründen“ leer blieben, löste bei einigen anwesenden CDU-Anhängern Kopfschütteln aus. „Ich bin seit 30 Jahren in der CDU, aber bei der Wahlrechtsdebatte schäme ich mich erstmals für meine Partei“, bekannte ein CDU–Mitglied.

Doch damit nicht genug: Die bereits mehrfach verschobene CDU-Wahlrechtsnovelle sollte heute endgültig in die Bürgerschaft eingebracht werden, wurde aber erneut vertagt, weil es noch keine Klarheit über den endgültigen Zuschnitt neuer Wahlkreise gibt. Spätestens am 11. Oktober aber muss das Wahlrecht beschlossen werden, weil danach die langwierigen Kandidatenaufstellungen beginnen.

Zudem kündigte Hayduk am Dienstag an, ihre Partei werde voraussichtlich gegen die geplante Wahlrechtsänderung vor das Verfassungsgericht ziehen. Da sich das Verfahren über Monate hinziehen dürfte, könnte das Gericht bis zu seiner endgültigen Entscheidung beide Wahlrechts-Novellen stoppen und vorläufig das bisherige Wahlrecht reaktivieren, das keiner mehr will. Die CDU stände vor einem Scherbenhaufen.

Ärger droht der Partei zudem wegen einer von ihr herausgegebenen Wahlrechtsbroschüre, in der sie so tut, als sei ihr Wahlrechts-Entwurf schon längst beschlossene Sache. „Auf Kosten des Steuerzahlers werden die Bürger so hinters Licht geführt“, klagt der GAL-Wahlrechtsexperte Farid Müller. MARCO CARINI