Bundeswehr bleibt am Hindukusch

Kabinett beschließt Verlängerung des Isaf-Mandats in Afghanistan. Eine Änderung des Einsatzauftrags kommt aber nicht in Frage, ein Umzug in den umkämpften Süden auch nicht. Nato-Staaten weigern sich, dringend benötigte Truppen zu schicken

VON DOMINIK SCHOTTNER

Deutsche Soldaten bleiben mindestens ein weiteres Jahr in Afghanistan stationiert, um das Land zu stabilisieren. Das entsprechende Mandat hat das Bundeskabinett in seiner Sitzung am Mittwoch verlängert. Der Bundestag soll kommende Woche über die Verlängerung entscheiden. Auf Forderungen von Koalitionsabgeordneten, besser über die sichtlich prekärer werdende Lage vor Ort informiert zu werden, ging das Kabinett nicht ein.

Altes wie neues Mandat sehen vor, deutsche Truppen in Ausnahmefällen zeitlich befristet in den Landessüden zu schicken. Die dort stationierten Nato-Truppen kämpfen seit einigen Wochen unter teilweise hohen Verlusten gegen bewaffnete Aufständische. Haupteinsatzgebiet der Bundeswehr seien aber die Hauptstadt Kabul und der Landesnorden, wo die Deutschen das Kommando über die regionalen Wiederaufbauteams innehaben, sagte Regierungssprecher Thomas Steg in Berlin.

Der deutsche UN-Sonderbeauftragte für Afghanistan, Tom Koenigs, sieht in den Kämpfen einen „Aufstand“, mit dem die internationale Gemeinschaft konfrontiert sei. Die ARD berichtete gestern zudem über ein internes Papier des Einsatzführungskommandos der Bundeswehr. Demnach benötigt die deutsche Afghanistan-Mission dringend bessere Ausrüstung, um die auch im Norden des Landes größer werdende Bedrohung zu bekämpfen.

Seit Januar 2002 sind deutsche Soldaten als Teil der von den Vereinten Nationen (UNO) mandatierten und von der Nato ausgeführten Isaf-Mission in Afghanistan. Der Bundestag hatte im vergangenen Jahr beschlossen, maximal 3.000 Soldaten zu entsenden. Wegen der Kämpfe im Süden hat der Nato-Oberbefehlshaber James Jones am Mittwoch auf einer Truppenstellerkonferenz im belgischen Mons die Bündnisstaaten erneut aufgefordert, 2.000 bis 2.500 zusätzliche Soldaten zu schicken. Diplomaten des Militärbündnisses haben jedoch wenig Hoffnung, dass dies passieren wird: „Die Länder sagen, ihr Reservoir sei erschöpft“, sagte einer der Teilnehmer. Auf der Sitzung des Nato-Militärausschusses in Warschau in der vergangenen Woche hatten die Vertreter der Bündnisstaaten noch zugesagt, Jones die Truppen zu stellen.

Bislang haben die 29 Isaf-Staaten nur 85 Prozent der im Mandat festgelegten Truppenstärke im Einsatzgebiet. Da die Staaten Jones’ Bitte offenbar nicht nachgekommen sind, könnte er am morgigen Freitag auf einer zweiten Konferenz den Einsatz der schnellen Eingreiftruppe der Nato fordern.

Deren Kommando liegt zurzeit beim Eurokorps, einem militärischen Verband Deutschlands, Frankreichs, Belgiens, Spaniens und Luxemburgs. Ein Großteil der Eurokorps-Truppen kommt aus Deutschland. Somit könnten über die Hintertür doch mehr deutsche Soldaten nach Afghanistan verlegt werden, als vom Kabinett festgelegt wurde.