„Bisschen kalt hier“

HERUMSITZEN Der Dichter und Journalist Heinrich Heine tritt seinen Nebenjob als Bremer Denkmal an

■ betrank sich 1826 im Bremer Ratskeller

taz: Herr Heine, wie gefällt es Ihnen in Bremen?

Heinrich Heine: Bisschen kalt hier – vor allem, seit mir diese große weiße Decke weggezogen wurde. Aber in den Wallanlagen ist es immer noch besser als in der ollen Walhalla, wo sie den Strauß neben mich setzen wollen. Wobei: In Regensburg hab‘ ich wenigstens ein Dach über dem Kopf.

Heute wird es hier leider noch ungemütlicher. Die Demos gegen die Feiern der Deutschen Einheit, verstehen Sie?

Nicht wirklich. Demo? Einheit? Aber Deutschland kenn‘ ich. Denk ich manchmal dran. Vor allem nachts.

Allerdings war die Nacht schon vorbei, als Sie 1826 aus dem Ratskeller torkelten und über dem Dom „die rote Nase des Weltgeistes“ zu erblicken glaubten.

Na ja, das mit dem glücklichen Mann, der den Hafen erreicht, hab‘ ich nach dieser Nacht immerhin auch noch fabriziert. Übrigens: Mir schien es zwar damals schon so – aber dass der Dom jetzt auch in Wirklichkeit zwei Türme hat, ist doch mal ein Fortschritt. Wobei die Stadt ansonsten nicht unbedingt schöner geworden ist. Als ich zuletzt hier war, waren zwar die Bäume frisch gepflanzt, aber diesen komischen Hügel hinter mir gab es auch noch nicht.

Das ist leider ein Gefallenendenkmal. Sie wissen doch: „Die Zahl der deutschen Kriegerdenkmäler zur Zahl der deutschen Heine-Denkmäler verhält sich hierzulande wie die Macht zum Geist.“

Kenn ich nicht, den Ausspruch – muss nach meiner Zeit gewesen sein. Aber was ich Sie noch fragen wollte: Wer war denn der komische Typ, der sich bei meiner Einweihung als „Verlierer“ bezeichnet hat?

Das war unser Parlamentspräsident, der hätte Sie auch gern vor der Tür gehabt.

Tatsächlich? Dann kann er sich ja noch einen Abguss bestellen. Hab‘ ich mehr Abwechslung.

Interview: Henning Bleyl