Pack schlägt sich, Pack verträgt sich

Alles doppelt: In Wolfsburg findet ab heute das 1. Internationale Zwillingstreffen statt, ein Mix aus Stadtmarketing, Treffen Gleichgesinnter und Wissenschaftstransfer. 500 Doppelmoppel werden erwartet zu Vorträgen, 2 for 1-Aktionen, Twintalk und Zwillingsparty

VON KAI SCHÖNEBERG

Ach, sind die niedlich, sagen Erwachsene über die Kleinen. Sind ein tolles Forschungsobjekt, finden Wissenschaftler. Man kann Zwillinge auch zum Stadtmarketing benutzen, finden die Wolfsburger. Auch, weil der derzeitige Oberbürgermeister Rolf Schnellecke Zwillinge hat, findet ab heute in der VW-Stadt das „1. Internationale Zwillingstreffen“ statt.

Also ein Event, das Gleichgesinnte, Forschung und Werbung für die Stadt miteinander verbinden will. Rund 500 Doppelmoppel werden erwartet. Die Stadt spricht von tollen „2 for 1-Aktionen“ und „Riesen-Zwillingsparty“, eine Hamburger Werbeagentur, die von Modell-Zwillingen geführt wird, lädt zum „Twintalk“ ein, Besucher können sich über Zwillingskinderwagen informieren.

Das eigentlich spannende Thema sprechen Zwillingsforscher der TU Braunschweig an: Kann man anhand von Zwillingen nachweisen, ob der Mensch sich durch das Erbgut oder die Erziehung entwickelt? „Beides hat einen Einfluss, das ist Konsens“, sagt die Braunschweiger Entwicklungspsychologin Sandrine Clodius. Entschieden hat sich die Wissenschaft aber noch nicht – das wäre wohl auch das Ende der Zwillingsforschung.

Sie heißen Jarsolaw und Lech, Hanni und Nanni oder Alice und Ellen. Unter 1.000 Geburten sind in Deutschland zwölf bis 14 Mal Zwillinge dabei. Was Zwillinge bewegt und wie sie aufwachsen, versuchen die Braunschweiger in einer seit Jahren laufenden Studie mit 214 Geschwistern herauszubekommen. Es ist Quatsch, dass gerade Zwillinge sich leichter telephatisch austauschen können. Allerdings hat es das Doppelpack in seiner frühesten Kindheit oft nicht leicht: „Es ist für sie schwieriger, sich selbst zu erkennen“, sagt Clodius.

Kleinkinder-Pärchen geben sich einen gemeinsamen Namen, können sich selbst auf Fotos nicht gut erkennen. Abgesehen davon machen es sich viele Eltern leicht und verpacken ihre Zwillinge mit gleichen Kleidern und Frisuren. Spätestens bis zur Einschulung haben sie meist ihre eigene Identität gefunden, betont Clodius. Deshalb müssten Zwillinge in der Schule nicht zwanghaft in verschiedene Klassen gesteckt werden, wenn sie das nicht wollen.

Die Braunschweiger haben durch Befragungen auch herausgefunden, wie sich die Beziehung der doppelten Lottchen entwickelt. „In ihrer emotionalen Nähe unterscheiden sich eineiige, zweieiige Zwillinge und Geschwister in keiner Weise“, sagt Clodius. Und liefert die Begründung mit: „Pack schlägt sich, Pack verträgt sich“. Erst wenn die Eineiigen in die Pubertät kommen, rücken sie näher zusammen als zweieiige Geschwister. Offenbar, weil sie in ihrem Spiegelbild auch einen Spiegel ihrer selbst sehen.

Freitag, 10 Uhr: Eröffnung; 10.30 Uhr: Vorträge; 14 Uhr: Workshops; Sa, 10.10 Uhr: „Wolfsburg – der Film“; 13.30 Uhr: Zwillingsmarkt