Der Wald soll weg

Schleswig-Holstein will 52.000 Hektar Bäume loswerden und seinen Landesforst privatisieren – die Regierungspartei SPD ist dagegen, will aber mit der Opposition keine gemeinsame Sache machen

von ESTHER GEISSLINGER

Schleswig-Holstein wirft sein Holz auf den Markt. Das „Interessenbekundungsverfahren“, bei dem sich Käufer für die rund 52.000 Hektar landeseigener Wälder melden können, läuft. Das Verfahren endet regulär am 22. September. Der Antrag der Oppositionsparteien FDP, Grüne und SSW, das Verfahren zu stoppen, scheiterte gestern an der schwarz-roten Mehrheit.

Damit hat die Opposition ein Ziel nicht erreicht: Die SPD „zum Schwur“ zu zwingen, wie die Grünen-Landesvorsitzende Marlies Fritzen der taz sagte. Der umweltpolitische Sprecher der FDP-Landtagsfraktion, Günther Hildebrand, hatte schon vor einigen Tagen nach einer Umweltausschusssitzung den „Eiertanz“ der Sozialdemokraten beklagt: „Sie hätten ein klares Signal setzen können“.

Im Prinzip spricht sich die SPD gegen den Totalverkauf des Landeswaldes aus. „Die SPD-Fraktion wird diesen Weg nicht mitgehen, da er auf einen Holzweg führt“, kalauerte deren umweltpolitischer Sprecher Konrad Nabel gestern. Er schlug vor, den Forstbetrieb in eine Anstalt öffentlichen Rechts umzuwandeln.

Rein sachlich hätte die SPD also mit der Opposition für den Stopp des Verfahrens stimmen können, aber Nabel argumentierte, die „populistisch ausgerichtete Diskussion“ über das Verfahren lenke vom gemeinsamen Ziel ab. Das Interessenbekundungsverfahren bedeute nicht automatisch, dass auch eine Ausschreibung folgt – darüber müsse der Landtag noch einmal extra abstimmen.

Trotz dieser Bekundungen ist die Grüne Marlies Fritzen nicht beruhigt: „Umweltverbände und Bürger sollten sich jetzt nicht zurücklehnen. Es besteht durchaus die Gefahr, dass verkauft wird“. Das wäre heikel, weil für öffentliche Wälder besondere Standards gelten, etwa eine naturnahe Bewirtschaftung, ausgebaute öffentliche Wege, auf denen auch Kinderwagen vorankommen und ein Förster, der Schulklassen sein Revier zeigt. Ein teures Vergnügen: Ein Minus von rund zehn Millionen Euro erwirtschaftet der Landeswald jährlich.

„Das Defizit ist nicht dadurch zu beseitigen, dass man die Wälder verkauft“, sagte Lars Harms (SSW) gestern. „Wir wollen nämlich alle, dass die Gemeinwohlleistungen des Waldes aufrechterhalten werden.“ Da ein privater Waldwirt saubere Wege und Schulunterricht am Baum nicht aus eigener Tasche bezahlen kann, würde das Land weiter zuschießen müssen – oder zulassen, dass Busch und Baum als Erholungsgebiete wegfallen. „Wenn man das will, muss man das sagen“, so Harms. „Hierzu hat die Landesregierung bisher nicht den Mut gehabt.“

Gewisse Kosten, etwa in den Forstämtern, bleiben ohnehin erhalten. Und schon jetzt fließen bereits knapp sieben Millionen Euro öffentlicher Mittel in die privaten Wälder – eine Art Agrarsubvention für Eichenlaub und Fichtenhain, die noch nichts mit Gemeinwohlaufgaben zu tun haben.