„Wir alle wollen Asyl hier“

PROTEST Im Camp auf dem Kreuzberger Oranienplatz wollen nicht alle Flüchtlinge der mit dem Berliner Senat gefundenen Lösung zustimmen

BERLIN taz | In der Mitte des Platzes auf dem Kiesweg steht das Infozelt. Innen sitzen zwei der Flüchtlinge. „Nur Englisch? Kein Italienisch oder Französisch?“, fragen sie. Nein. Sie winken nach hinten.

Auf dem Gras dahinter stehen die Zelte und Baracken der Flüchtlinge. Etwa zwanzig von ihnen sind am Mittwochnachmittag anwesend und mindestens noch einmal so viele Journalisten. Trotzdem bleibt es erstaunlich ruhig. Die meisten sitzen auf den Bänken und beobachten die Szenerie. Nur die, die mit den Journalisten sprechen müssen, reden sich in Rage. Immer wieder kommen neue Fotografen und Reporter, die Sprecher geben immer wieder die gleichen Statements ab. Aber mit jedem Mal werden sie wütender. „Wir kämpfen hier nicht seit anderthalb Jahren“, sagt Adam, „nur für die Vorteile einer kleinen Gruppe.“ Er selbst ist mit einem Protestzug damals aus Bayern gekommen.

„Tausende von Menschen leiden wegen der europäischen Asylpolitik. Wir werden nicht aufhören, für die Rechte der Flüchtlinge zu kämpfen.“ Immer wieder geht Adam ans Telefon, Freunde und Aktivisten fragen, wie es weitergeht. Er sagt, er beantragte Asyl in Deutschland, erhielt aber bis heute keine Antwort. Zwei Flüchtlinge sitzen neben ihm auf der Bank. Einer von ihnen raucht Schicha.Sie bleiben hier, sagt Adam, selbst wenn es eine Lösung für alle gebe, bliebe zumindest das Infozelt stehen.

Hakim ist aufgebracht über die aktuelle Situation. Was mit dem Infozelt ist, werde man sehen, sagt er. „Wir werden das Camp nicht verlassen“, sagt Hakim, „bis es ein Angebot gibt, das für uns alle gilt.“ Mehr als zwei Monate gehe die Gruppe jetzt zu den Verhandlungen. „Wir alle wollen Asyl hier.“ Er fügt hinzu, dass er nur für die Leute vom Platz, nicht für die Schule spreche. Was, wenn doch eine Räumung angeordnet wird?

„Wir haben keine Angst vor der Polizei“, sagt Hakim. „Sie haben nichts zu verlieren“, ergänzt die Frau neben ihm.

Auch Ko Kou war von Anfang an dabei. Das grüne Zelt neben dem Kiesweg, das sei seins. „Wir sind verzweifelt“, sagt er, „Aber wir sind nicht verzweifelt genug, um etwas anzunehmen, was uns umbringt.“ Der Ton aller Sprecher: Sie halten zusammen. Es gehe nicht, dass es eine Lösung für 90 Prozent gibt und einige ausgeschlossen werden.

„Der O-Platz ist groß“, sagt einer und meint damit, dass die Menschen innerhalb der Gruppen unterschiedliche Bedürfnisse und Interessen haben. Es gebe Flüchtlinge, die in privaten Häusern untergebracht sind und trotzdem mit den Leuten vom Oranienplatz kämpfen.

SVENJA BEDNARCZYK