Das Nachtreten zu Gütersloh

BERTELSMANN Nach dem Jubiläum wird auch mit alten Chefs abgerechnet. Einer wehrt sich

Thomas Middelhoff ist derzeit nicht eben gut beleumundet. Karstadt-Arcandor hat er an die Wand gefahren, Ermittlungen sind weiter anhängig.

Vielleicht wollte man das bei Deutschlands größtem Medienhaus nutzen, wo man mit dem Ex-Bertelsmann-Vorstand Middelhoff (1998–2002) immer noch nicht fertig ist. In der zum 175. Konzernjubiläum vor gut zwei Wochen in Berlin (taz vom 18. 9.) huldvoll an Bertelsmann-Matriarchin Liz Mohn übergebenen Chronik kommt Middelhoff jedenfalls gar nicht gut weg: Er habe seinerzeit im Größenwahn Bertelsmann mit AOL fusionieren wollen, was nur Reinhard Mohn höchstselbst zu verhindern gewusst habe, „Middelhoffs Kurs entsprach der allgemeinen Desorientierung“, heißt es da. Seine Zukäufe „hätten den ganzen Konzern zerstören können“.

Der Angeklagte bekommt jetzt Schützenhilfe aus den USA: AOL-Gründer Steve Case verteidigt Middelhoff und zeigt sich laut Spiegel „erstaunt über die Ungenauigkeiten in dem Buch“: Es habe nie Fusionsverhandlungen mit Bertelsmann gegeben.

Hilfreicher als solche Besinnlichkeiten zur jüngeren Konzerngeschichte wäre allerdings, wenn sich Bertelsmann aktuelleren Themen widmen würde. Wie der Frage, ob die konzerneigene Stiftung tatsächlich so gemeinnützig ist, wie das Gütersloher Finanzamt tut. STEFFEN GRIMBERG