Chinas Riese wird Global Player

BÖRSE Die asiatische Handelsplattform Alibaba plant in New York ihr Aktiendebüt. Es könnte ein noch größerer Börsengang als Facebook werden

PEKING taz | Anleger in aller Welt spielen verrückt: Am Wochenende hat Chinas größtes Internetunternehmen Alibaba angekündigt, an die Wall Street zu gehen. Analysten schätzen den Wert des Unternehmens auf 120 bis 180 Milliarden Dollar. Eine Firmensprecherin kündigte an: „Der Börsengang wird aus uns eine globale Firma machen.“

In Europa weitgehend unbekannt, kann mit dem chinesischen Internethändler in Fernost nicht einmal Amazon mithalten. Anders als der US-Konzern verkauft Alibaba nicht selbst Produkte auf seinen Marktplätzen, sondern vermittelt ausschließlich zwischen Verkäufern und Käufern. Alibaba verdient allein durch Werbung und zusätzliche Dienstleistungen, die die angebotene Ware aus der schieren Masse hervorheben. Ein erfolgreiches Konzept: Allein im vergangenen Jahr hat Alibaba Handelswaren im Wert von umgerechnet 173 Milliarden Euro umgesetzt. Das ist mehr als Amazon und Ebay zusammen.

Was Alibaba von Beginn an besonders machte: Egal, was Gründer Jack Ma anpackte, es gelang ihm auch. Ende der 1990er Jahre war dem Englischlehrer Ma in seiner Heimatstadt Hangzhou aufgefallen: Chinesische Firmen sind zwar imstande, so ziemlich jeden Konsumartikel herzustellen. Nur die Außenwelt weiß kaum davon. Obwohl Händler aus aller Welt nach Schanghai, Guangzhou und andere Städte kamen, um günstige T-Shirts, Lederschuhe und Plastikspielzeug zu erstehen, hatte kaum einer einen Überblick, was es auf Chinas Märkten noch so alles gab.

In seiner Einzimmerwohnung kam Ma auf die Idee, mit Alibaba im Internet eine Plattform zu schaffen, die chinesische Zulieferer per Mausklick mit ausländischen Kunden zusammenbringt. Schnell machte Alibaba mit seinem Marktplatz Taobao Ebay Konkurrenz, woraufhin sich der US-Konzern aus China zurückziehen musste. Heute sind auf Taobao rund 760 Millionen Produkte erhältlich. Dazu kommen noch einmal 70.000 Händler und Millionen von Verbrauchern, die sich auf Tmall tummeln, einer zweiten Plattform, die sich auf Markenprodukte spezialisiert hat.

Doch kurz vor dem Milliarden-Börsengang ziehen für Alibaba ausgerechnet auf dem Heimatmarkt dunkle Wolken auf. Alibabas Rivale Tencent holt mit großen Schritten auf. Tencent gehört den Chat-Dienst WeChat, dem chinesischen Konkurrenten von WhatsApp. In Kooperation mit dem chinesischen Onlinekaufhaus JD.com baut Tencent die WeChat-Funktionen derzeit auch zum Shoppen aus. WeChat zählt fast eine halbe Milliarde Nutzer. Sollten dessen Nutzer tatsächlich alle über Tencent konsumieren, wäre Alibabas Geschäftsmodell wohl schon wieder überholt. FELIX LEE