„Dieser Einsatz wird von allen Seiten begrüßt“

Die Grünen-Parteichefin Claudia Roth spricht sich für die deutsche Beteiligung an der UN-Mission im Nahen Osten aus. Alle Bedingungen seien nun erfüllt. Die Bundeswehr könne nicht in eine Konfrontation mit Israel verwickelt werden

taz: Frau Roth, Sie haben mit Ihrer Votum zum Nahosteinsatz der Bundeswehr lang gezögert. Werden Sie nun am Mittwoch im Bundestag zustimmen?

Claudia Roth: Ich habe nicht gezögert, sondern im Gegensatz zu anderen wollten ich und wir Grüne erst alle Fakten kennen, bevor wir Ja oder Nein sagen. Nun sind die Bedingungen erfüllt, um dem Einsatz zustimmen zu können.

Was beseitigte Ihre Zweifel?

Erstens die breite Teilnahme an der UN-Mission. Zweitens das klare Mandat. Es wird dem Gebot der Neutralität gerecht, ist aber kein Placebo, sondern ermöglicht effizientes Vorgehen gegen Waffenschmuggel. Gleichzeitig ist dafür gesorgt, dass sich die Bundeswehr heraushält, falls es zu Störungen der Waffenruhe durch eine der Kriegsparteien kommt. Das war für uns ganz entscheidend, weil deutsche Soldaten in einer direkten Konfrontation, an der Israel beteiligt ist, nicht neutral sein können.

Sie betonen das Neutralitätsgebot. Andererseits sagen Sie, wir können nicht neutral sein. Ist das nicht ein Widerspruch?

Nein, es geht darum, dass Deutschland die UN-Mission unterstützt, so gut es kann. Gegen möglichen Waffenschmuggel können wir vorgehen. In eine Konfrontation mit Israel können wir uns aber nicht begeben.

FDP-Chef Westerwelle sagt, der Einsatz der Vereinten Nationen verlangt Neutralität.

Er sagt ja mehr. Er sagt, Deutschland habe in dieser Region nichts zu suchen. Das teile ich nicht. Gerade aus historischen Gründen haben wir Verantwortung dafür, dass aus einem Kriegszustand ein dauerhafter Waffenstillstand wird, der zu Frieden führen kann. Der deutschen Beteiligung haben alle Seiten zugestimmt, nicht nur Israels Regierung, auch die israelische Friedensbewegung, die libanesische Regierung und Nachbarstaaten. Alle sagen, es ist wichtig, dass sich Deutschland beteiligt, weil es ein glaubwürdiges Image hat und als ehrlicher Makler wahrgenommen wird.

Bleibt das so, wenn Deutschland Vorgehen speziell gegen eine Kriegspartei ausschließt?

Noch einmal: Aufgabe der deutschen Marine ist es, Waffenschmuggel zu unterbinden und damit zur Stabilisierung der Lage beizutragen. Und es ist explizit erwünscht von libanesischer Seite, dass es diese deutsche Rolle gibt. Ich habe mit Ministerpräsident Siniora geredet. Er weiß genau, dass es ein ganz besonderes deutsches Verhältnis zu Israel gibt. Er versteht, dass es für Deutschland deshalb nicht in Frage kommt, in eine Konfrontation mit Israel zu geraten.

Es gibt die Sorge: Wenn die Bundeswehr sogar in Nahost aktiv ist, gibt es für Auslandseinsätze keine Grenzen mehr.

Es wäre völlig falsch, aus diesem Einsatz zu folgern, dass Deutschland nun überall mitmachen kann. Es müssen immer alle Kriterien erfüllt sein. Für uns Grüne ist ein besonders wichtiges Kriterium, die Rolle der UN zu stärken, auch in Abgrenzung vom „war against terror“ der USA. Das ist gerade bei diesem Einsatz, der ja unter Führung der UN stattfindet, der Fall. Er kann aber nur Mosaikstein sein einer politischen Gesamtlösung, zu der vor allem auch Verständigung zwischen Israel und Palästina gehört.

INTERVIEW: LUKAS WALLRAFF