Doppelte Defensive

Christian Wörns erzielte Dortmunds Siegtreffer gegen den Hamburger SV. Vielleicht war es auch Leonardo Dede

DORTMUND taz ■ Hat er ihn berührt oder nicht? Dortmunds Kapitän Christian Wörns wollte sich die Credits für den späten Treffer zum 1:0-Erfolg über den Hanburger SV schon gerne einsacken. „Ich habe etwas an meinen Haaren gespürt“, sagte er hinterher mit einem schelmischen Grinsen. Absolut sicher schien er also nicht. Will heißen: Die Freistoßflanke des Brasilianers Leonardo Dede in der 82. Minute könnte demnach auch ohne jegliche Berührung den Weg ins Hamburger Tor gefunden haben. „Ich glaube es war niemand mehr dran. Das war mein Tor“, reklamierte Dede das Tor für sich. Jedenfalls ließen sich beide Spieler von Fans und Mannschaft gleichermaßen heftig feiern. In der offiziellen Spielstatistik der Deutschen Fußball Liga wurde Christian Wörns später als Torschütze geführt – die TV-Bilder ließen beide Optionen zu.

Der leicht ironische Disput um den Siegtreffer war dann auch schnell beigelegt. Viel größer war die Erleichterung über den Erfolg. „Meine Mannschaft hat diesen Sieg gewollt“, sagte BVB-Trainer Bert van Marwijk. Was allerdings nur die halbe Wahrheit war.

Ohne die stabile Abwehr und ohne die Gemeinschaftsproduktion seiner Defensivspieler beim entscheidenden Tor, hätte sich der BVB wohl kaum über die drei Punkte freuen können. Gegen den durch etliche Negativerlebnisse in Bundesliga, DFB-Pokal und Champions League angeschlagenen Hamburger SV brauchte Borussia Dortmund mindestens eine Halbzeit, um ins Spiel zu finden. „Wir wollten das Tempo nach der Pause erhöhen. Das haben wir auch umgesetzt“, sagte van Marwijk. Das Tor sei letztlich von seiner Mannschaft erzwungen worden. Seine Mannschaft habe in dieser Phase gezeigt, dass sie kämpfen könne. Von spielen war allerdings keine Rede. Kein Wunder: Die Spitzen Alexander Frei und der später verletzt ausgewechselte Nelson Valdez blieben ohne Torchance, aus dem Mittelfeld kam keine Inspiration.

Nach vier Spieltagen scheinen die Dortmunder dennoch ihren Platz im oberen Tabellendrittel gefunden zu haben. „Wenn man solche Spiele gewinnt, ist man ein ganzes Stück weiter“, sagte der immer noch verletzte Abwehrspieler Christoph Metzelder. Nach zwei Jahren der finanziellen und sportlichen Konsolidierung war dies auch der Anspruch, den Vereinsführung, Trainer und Spieler schon vor der Saison formuliert hatten: Dortmund will in den Uefa-Cup. Mindestens. Der Druck ist da und er scheint halbwegs erträglich zu sein. „Wir sind auf einem guten Weg“, lautet van Marwijks trockene Zwischenanalyse. Der mühsame 3:0-Pokalsieg gegen den Landesligisten Thannhausen mit der anschließenden lautstarken Standpauke des Trainers war spätestens am Samstagnachmittag vergessen.

Und so soll es auch weiter gehen: „Wir müssen endlich einmal drei Spiele in Folge gewinnen“, forderte Christian Wörns. Ein Sieg am kommenden Freitag bei Borussia Mönchengladbach ist also Pflicht. Und vielleicht trifft Wörns dann ja auch wieder. Oder Dede. Oder Beide. Die derzeit schwächelnde Offensive kann jede Unterstützung aus der zweiten Reihe gebrauchen.

HOLGER PAULER