Dänischer Entertainer rettet Ostwestfalen

Arminia Bielefeld feiert den ersten Saisonsieg ausgerechnet gegen Bayern München. Mit Arthur Wichniarek und Jonas Kamper treffen zwei Spieler aufeinander, die auf der Alm nicht gerade unumstritten sind

BIELEFELD taz ■ Als sich Bayern-Trainer Felix Magath nach der 1:2-Niederlage bei Arminia Bielefeld den unliebsamen Fragen der Medienvertreter stellte, wandelte sich sein dunkler Teint ein wenig ins Rötliche. Er sank in den Stuhl und redete leise, als könne er damit den Vulkan besänftigen, der scheinbar in ihm brodelte. Nur vier Tage nachdem der deutsche Meister den russischen Champions-League-Teilnehmer Spartak Moskau mit 4:0 entzaubern konnte, kehrte für die Münchner wieder der Bundesliga-Alltag ein.

Und den zelebrierten die süddeutschen Ballartisten nicht gerade überragend. Was denn passieren müsse, damit die Bayern einen Gegner wie Bielefeld nicht mehr unterschätzten, fragte ein Journalist besorgt nach. „Ich glaube nicht, dass wir Arminia unterschätzt haben“, zischte Magath und räumte einen vielleicht entscheidenden Aspekt ein: „Einige richteten sich wohl schon auf ein Unentschieden ein.“ Magath verwies auch auf das frühzeitige Ausscheiden Owen Hargreaves‘, der sich einen Wadenbeinbruch zuzog. Magaths Kollege Thomas von Heesen sprach von einem verdienten Erfolg seiner Elf und vom „Glück, das uns in den vergangenen Spielen gefehlt hat“. Die Bayern seien auch nur Menschen, die nicht immer Top-Leistungen abrufen könnten und seinem Team sei nach dem Anfangsschock endlich gelungen, was tagtäglich eingeübt werde.

Der angesprochene Anfangsschock demonstrierte den 26.601 Zuschauern in der ausverkauften SchücoArena, warum die Arminen derzeit Eckbälle fast mehr fürchten, als gegen sie verhängte Elfmeter. Bastian Schweinsteiger schlug den Eckball mittig an die Strafraumgrenze, Lucio zog volley ab und traf Bielefelds Innenverteidiger Borges, der unfreiwillig auf den freistehenden Marc van Bommel verlängerte. Der Niederländer hatte keine Mühe, zur frühen Bayern-Führung zu vollenden. Und Arminia kassierte im vierten Spiel den vierten Treffer nach einer Ecke.

Für die Hausherren schien sich fortzusetzen, was Manager Reinhard Saftig nach der mageren Ausbeute von einem Punkt aus drei Spielen und dem Pokal-Aus beim Regionalligisten Pfullendorf schon als „Fehlstart“ bezeichnete. Die Stimmung war seit Tagen etwas gereizt. Doch von Heesens Team fand gegen Mitte der ersten Halbzeit zurück ins Spiel und erzielte mit der ersten Chance in der 25. Minute den Ausgleich. Artur Wichniarek hatte sich von der Bayern-Verteidigung unbemerkt freigelaufen und köpfte einen Böhme-Freistoß ins Netz. Im Sommer noch wollte von Heesen den Stürmer aussortieren und nun sorgte Wichniareks Treffer für Entspannung im Bielefelder Westen. Und er hätte die Nerven der Arminen-Fans noch weit vor Ende der Partie beruhigen können, doch anstatt zu lupfen, wollte „König Artur“ Kahn tunneln.

Für das Happy End aus Bielefelder Sicht sorgte sechs Minuten vor Schluss ein Spieler, den einige Fans zu diesem Zeitpunkt schon längst vom Platz genommen hätten. Jonas Kamper, zu Saisonbeginn aus der „dänischen Unterhaltungsliga“ (von Heesen) von Bröndby IF an den Teutoburger Wald gewechselt und immer noch im Anpassungsprozeß befindlich, führte auf Anordnung seines Coaches einen Freistoß aus, der an Tempo und Geradlinigkeit kaum zu überbieten war.

Nach dem obligatorischen Zittern bis in die Nachspielzeit konnte das Heimteam endlich eine kleine Überraschung feiern, eine Sensation aber war es nicht, eher der Lohn für akribische Arbeit. Der Sieg sollte den ersatzgeschwächten Bielefeldern, bei denen sich nun auch noch Marcio Borges eine Innenbandverletzung zuzog, den Rücken für die wichtigen Partien in Bochum und gegen Cottbus stärken. Die insgesamt zwölf Eckstöße der Bayern sorgten bis zum Schluss für Spannung. Dass ihnen ein weiterer Torerfolg nach diesen Standards verwehrt blieb, lag laut Thomas von Heesen auch daran, „dass wir den zweiten Pfosten aufgelöst haben und dadurch besser standen.“ Die Welt wäre einfacher, wenn es stets helfen würde, den zweiten Pfosten aufzulösen. VOLKER BACKES