Reform abmoderiert

CDU-Basis setzt beim Parteitag in Münster Verhandlungen mit der FDP über die Gemeindereform durch. NRW-Ministerpräsident Rüttgers schadet der Basisprotest nicht: Er wird trotzdem umjubelt

AUS MÜNSTERMARTIN TEIGELER

Die Delegierten des CDU-Landesparteitags in Münster haben einen zentralen Punkt der NRW-Gemeindereform gekippt. Nach monatelangen parteiinternen Debatten beschloss die CDU am Samstag fast einstimmig, mit dem Koalitionspartner FDP über einen „Verzicht“ auf die vereinbarte Entkopplung der Amtszeiten von Bürgermeistern und Lokalparlamenten zu verhandeln.

Aufgrund des starken Widerstands aus der Mitgliedschaft zogen Landesvorstand und Antragskommission in Münster eine weichere Formulierung zurück, wonach ergebnisoffene „Gespräche“ mit der FDP geführt werden sollten. Statt dessen erteilte der Parteitag den klaren Auftrag, es beim gleichen Termin für Rats- und Bürgermeisterwahlen zu belassen. „Wir begrüßen das und erwarten, dass dies umgesetzt wird“, sagte der Gütersloher CDU-Kreischef Ludger Kaup, einer der Wortführer des Protests. Er gehe davon aus, dass die Amtszeit der Bürgermeister nicht wie geplant von fünf auf acht Jahre verlängert wird.

Die FDP reagierte ablehnend auf den CDU-Parteitagsbeschluss. Generalsekretär Christian Lindner sagte, die Liberalen wollten an der „Entkopplung von Rats- und Bürgermeisterwahl festhalten“. Auf die Frage, wie die Positionen von CDU und FDP zusammengebracht werden könnten, antwortete ein CDU-Landesminister am Rande des Parteitags mit einem Schulterzucken. Die NRW-Grünen nannten den CDU-Beschluss einen „ersten Schritt in die richtige Richtung“. Für NRW-SPD-Generalsekretär Mike Groschek hat „die Vernunft der CDU-Parteibasis über den Eigensinn von Rüttgers gesiegt“.

Doch der Ministerpräsident hatte den Unmut zahlreicher Mitglieder bereits in seiner Eingangsrede aufgefangen. „Mit mir gibt es keine Basta-Politik“, sagte er und trat auf wie ein Moderator zwischen den Streitparteien. Zwar sei die Verlängerung der Bürgermeisteramtszeit eigentlich Beschlusslage der CDU-NRW, aber es gebe neuen Diskussionsbedarf. Da die Partei „noch viele Regierungsjahre im Land vor sich“ habe, wolle er die „Diskussionskultur“ nicht belasten.

Insgesamt war der Landeschef die Hauptfigur der Versammlung. In seinem Grundsatzreferat bekräftigte Rüttgers noch einmal seine Kritik an „Lebenslügen“ der CDU. Tosenden Applaus bekam Rüttgers, als er den Islaminterpreten Papst Benedikt XVI. in Schutz nahm. Auch Rüttgers‘ neuer Generalsekretär Hendrik Wüst wurde offiziell bestätigt. 483 von 672 Delegierten stimmten für ihn.

Offenen Streit gab es nur bei der Umweltpolitik, dem eigentlichen Hauptthema des Parteitags. Ex-Generalsekretär Herbert Reul setzte im Leitantrag gegen den erklärten Willen von NRW-Wirtschaftsministerin Christa Thoben die Formulierung durch, dass Atomkraft „Bestandteil eines vorausschauenden und verantwortungsvollen Energiemixes“ sein soll. Das blieb die einzige Spaltung des Parteitags.