Kein Scherz unter Kollegen

Ein Polizist des Mobilen Einsatzkommandos wird vom Dienst suspendiert, weil er beim Schanzenfest Kollegen mit Flaschen beworfen haben soll. Der Polizeipräsident findet das nicht tolerierbar

Von Kai von Appen

Dass Staatsbedienstete undercover bei Szene-Demonstrationen die Randale anheizen, wenn es den Regierenden politisch opportun erscheint, ist in Hamburg schon vorgekommen – in den Hochphasen der Anti-Atom-Bewegung oder beim Hafenstraßen-Konflikt. Doch am vergangenen Wochenende wollten offenbar vier Polizisten eigenständig ihren Beitrag zum alljährlichen Geplänkel nach dem Schanzenviertelfest leisten. Ein Beamter des Mobilen Einsatzkommandos (MEK) ist jetzt vom Dienst suspendiert worden. Er wurde von Kollegen als Flaschenwerfer identifiziert.

Jedes Jahr nach dem Schanzenfest laden einige Sympathisanten der Spaßguerilla zu ihrem eigenen Event: Lagerfeuer werden auf der Straße vor der Roten Flora entfacht, Müllcontainer umgeworfen, kleine Barrikaden aufgetürmt. Die Polizei reagiert mit dem Einsatz von Wasserwerfern und dem Aufmarsch von Einsatzkräften. Das Ritual: Flaschen fliegen, Wasserfontänen schießen durch die Nacht, Katz- und Maus-Spiel, Knüppeleinsatz und Festnahmen. So auch in der Nacht zum 10. September (taz berichtete). Mitten im Geschehen dabei waren aber nach neuesten Erkenntnisse auch vier Polizisten auf Zechtour auf dem Schulterblatt.

Gegen 0.20 Uhr bemerken zwei Bereitschaftspolizisten, die um einen Wasserwerfer postiert sind, dass aus dieser Gruppe eine Flasche Richtung Wasserwerfer geflogen kommt. Der Glaskörper richtet keinen Schaden an, die beiden Beamten erkennen jedoch in dem Werfer einen MEK-Kollegen in Zivil. Als Einsatzkräfte nachsetzen, flüchtet der Elitepolizist.

Selbst von den eigenen Leuten beworfen zu werden, fanden die beiden Beamten offensichtlich nicht witzig. Sie meldeten den Vorfall ihren Vorgesetzten, das Dezernat Interne Ermittlungen (DIE) übernahm die Recherchen. Inzwischen ist die Beweislage so erdrückend, dass der MEK’ler am Freitagabend vom Dienst suspendiert worden ist. Er bekam für alle Polizeidienststellen Hausverbot, die Staatsanwaltschaft nahm die Ermittlungen auf.

Die Polizeiführung stellt den Fall als „einzigartig“ dar, der nicht „tolerierbar“ sei. „Sollten sich diese Vorwürfe bestätigen, wäre das ein Schlag ins Gesicht aller Polizeibeamten, die täglich hoch motiviert gute Arbeit leisten“, schimpft Polizeipräsident Werner Jantosch. „Für solches Fehlverhalten fehlt mir jedes Verständnis, es muss konsequent geahndet werden.“

Aber auch den drei Zechkumpanen des beschuldigten Beamten drohen disziplinarrechtliche Maßnahmen, auch wenn ihnen strafrechtlich momentan kein Vergehen vorgeworfen wird. Denn sie hätten sich als Polizisten aus dem unmittelbaren Randalebereich entfernen oder wegen der Beobachtung von Straftaten selbst in den Dienst versetzen müssen.

Das haben sie aber nicht getan, sondern ihren Kollegen entwischen lassen. Der suspendierte Beamte bestreitet die Tat und lässt sich mittlerweile anwaltlich vertreten.