Sascha Kirschstein
: Kein Turm in Babel

Für Sascha Kirschstein war diese Woche ein Auf und Ab der heftigeren Sorte. Der 26-jährige Keeper hatte beim Debüt in der Champions League sein persönliches Waterloo erlebt: Nach zehn Minuten war er für eine angebliche Notbremse gegen den Niederländer Robin van Persie vom Platz geflogen. Und hatte seinen HSV gegen den FC Arsenal zu früh auf die Verliererstraße gebracht.

Dass nicht nur Nationaltorhüter Jens Lehmann von einer überzogenen Strafe für Kirschstein sprach, konnte den großen Blonden mit den weißen Handschuhen nicht trösten. Musste er doch mit ansehen, wie sein Konkurrent um die Nummer Eins im Tor der Hanseaten nahezu fehlerfrei die Atmosphäre der Meisterliga auskosten konnte – lange 80 Minuten und fast fehlerlos.

Dass Kirschstein am Samstag gegen Borussia Dortmund dennoch in der Startelf stand, hat er seinem Widersacher zu verdanken: Etwas zu laut hatte Wächter den Anspruch erhoben, auch in der Bundesliga den nach seinem Platzverweis in der Champions League gesperrten Kirschstein zu ersetzen. Thomas Doll will sich nicht reinreden lassen und verbannte den vorlauten Tor-Wächter auf die Tribüne.

Kirschstein, so hat der Trainer es sich ausgedacht, soll als Rudiment der letztjährigen Erfolgself, den ruhenden Pol in Hamburgs globaler Abwehrreihe geben. Zudem ist er nach der Spieler-Fluktuation der vergangenen Wochen eine der wenigen Identifikationsfiguren für die Fans in Dolls neu formierter Millionentruppe.

Gegen die Stuttgarter Kickers und Borussia Dortmund verlor sich der 1,96-Hüne jedoch im babylonischen Sprachgewirr des Fünf-Meter-Raums. Inmitten des sprachlichen Dschungels seiner Esperanto-Abwehr ist Kirschstein mehr einsamer Rufer im Walde als Turm in der Schlacht, stehen dem jungen Keeper Frust und Resignation immer häufiger ins Gesicht geschrieben.

Auch am Samstag in Dortmund hat er seine Vorderleute zurechtgewiesen, hat wild gestikuliert und stand, nachdem er den Kopfball von Christian Wörns aus dem Netz geholt hatte, wieder mit leeren Händen da. Allein und sprachlos.Lucas Vogelsang