AUTORENMANNSCHAFT
: Sie laufen Marathon

B. spielt sehr robust und schreibt Richtung Robert Walser

Mehrere Stunden an diesem Tag verhielt ich mich schon komplett professionell. Am späten Nachmittag war ich zur Pressevorführung eines Films über Union Berlin gefahren, hatte danach dem jungen Mann geantwortet, der alle fragte, wie man den Film gefunden hatte, und war sogar noch einmal zurück zu ihm gegangen, um noch irgendwas zu sagen, was ich vorher vergessen hatte.

Weil ich die letzten Tage oder Wochen kaum jemanden gesehen hatte, war ich redelustig und hätte ihm beinahe auch noch erzählt, dass ich gleich mit der Autorennationalmannschaft Fußball spielen würde.

In den letzten Monaten war ich kaum zum Training gekommen und fühlte mich nun wie ein neuer Mitschüler, der nach einem halben Jahr in der neuen Klasse, gleich zwei Monate krank, betrunken oder im Erziehungsheim gewesen war und sich nun wieder zurechtfinden muss.

B., der lange wegen Verletzung gefehlt hatte, war auch wieder da. Er ist sehr robust und schreibt Richtung Robert Walser. Wir standen am Spielfeld und schauten der Mädchenmannschaft zu, die vor uns trainiert, und ich freute mich wieder über das Schild an der Platzwartkabine, das Passanten davor warnt, nachts auf dem Spielfeld rumzulaufen, weil das nächtliche Spielfeld von freilaufenden Füchsen bevölkert wird.

Mein Spiel war ein wenig kraftlos. De facto war ich der älteste Spieler auf dem Platz; weil die meisten anderen aber größer, schwerer und technisch versierter sind, fühlte ich mich gleichzeitig wie ein Jüngerer, der bei den Älteren mitspielt. Von denen einige ganz schön ehrgeizig sind. Weil sie im Sommer nach Brasilien zur Autorenfußballweltmeisterschaft fahren, trainieren sie fleißig, teils fünfmal die Woche. Manche laufen sogar Marathon! Sie laufen Marathon, finden aber Haruki Murakami kitschig. DETLEF KUHLBRODT