Vorwärts immer, rückwärts nimmer

Unter dem Motto „Lust auf Zukunft“ veranstaltet die Grüne Liga seit gestern die Woche der Zukunftsfähigkeit. Initiativen präsentieren Beispiele für nachhaltige Entwicklung, darunter die „Interkulturellen Gärten“, die Zentralstelle für weiterverwertbare Materialien und die „20 Grünen Hauptwege“

VON STEFAN RICHTER

Das ist unser Traum: Während sich Solarmodule in der Sonne spiegeln, probieren am Stand nebenan einige Interessierte die „Berliner Bohne“ aus – einen neuen, fair gehandelten Stadtkaffee. Jung und Alt sitzen beieinander und diskutieren über Erreichtes und neue Ideen. Fotos von interkulturellen Nachbarschaftsgärten werden ausgetauscht, von Bürgersolaranlagen oder den so genannten „BikeTaxis“. Berichtet wird über erste Erfahrungen bei der Realisierung des Bürgerhaushaltes, von Projekten der nachhaltigen Stadtentwicklung oder von familienfreundlichen Betrieben. Wortfetzen von neuen Visionen schwirren durch die Luft. So stellen wir uns die Woche der Zukunftsfähigkeit 2006 vor.

Jetzt soll dieser Traum Realität werden, denn zum nunmehr fünften Mal veranstaltet die Grüne Liga Berlin die Woche der Zukunftsfähigkeit. Vom 17. bis zum 24. September wird die Kampagne unter dem Motto „Lust auf Zukunft“ Ziele und konkrete Beispiele für nachhaltige Entwicklung präsentieren und erlebbar machen. Die Woche findet bundesweit und bei vielen europäischen PartnerInnen statt. Erwartet werden in diesem Jahr über hundert Initiativen und Projekte, die sich bundes- und europaweit an der Woche der Zukunftsfähigkeit beteiligen und ihren Weg einer nachhaltigen Entwicklung darstellen.

Eröffnet wurde die Woche der Zukunftsfähigkeit in diesem Jahr zum Bioerlebnistag. Er fand gestern mit seiner „Arena der Sinne“ auf dem Weltkindertagsfest in Berlin auf dem Potsdamer Platz statt und stand ganz im Zeichen von Bioprodukten. Doch im Laufe der Woche wird sich darüber hinaus ein breites Spektrum an Projekten präsentieren, die mit bürgerschaftlichem Engagement entstanden sind. So stellen sich unter anderem die „Interkulturellen Gärten in Berlin“, ein Franchise-System für Regionalvermarktung in der Uckermark, „Kunst-Stoffe“, eine Zentralstelle für weiterverwertbare Materialien, oder das Bürgernetzwerk „20 Grüne Hauptwege“ vor.

Das Konzept der „Interkulturellen Gärten“ besteht darin, (Brach-) Flächen so in Gemeinschaftsgärten zu verwandeln, dass Menschen unterschiedlicher kultureller Herkunft auf ihren individuellen Beeten Obst und Gemüse, Kräuter und Blumen ihrer Wahl anbauen und dabei viele Aspekte ihres Alltags miteinander teilen können. Die Regionalvermarktung in der Uckermark will derweil regionale Produktion, Verarbeitung und Wertschöpfung erhalten und ausbauen. Dazu werden realisierbare Absatzmöglichkeiten entwickelt. Die praktische Erprobung erfolgt im Regionalladen Templin. „Kunst-Stoffe“ ist ein Umverteilungszentrum für Rest-, Abfall- und Ausschussprodukte. Farben, Stoffe, Druckereiabfälle, Steine, Metall- und Holzreste, Fliesen, Knöpfe, Monitore werden von Kulturinitiativen weitergenutzt. „20 Grüne Hauptwege“ ist dagegen ein Netz von insgesamt 550 Kilometer Spazierwegen, Promenaden und durchgrünten Straßenräumen mitten in Berlin, welches einen Spaziergang ohne die Belästigung durch den Straßenverkehr ermöglichen soll.

Höhepunkt ist der Aktionstag Zukunftsfähigkeit am 22. September von 14 bis 20 Uhr in der Kalkscheune in Berlin-Mitte. Er verbindet Vorträge, Diskussionen und Aussteller zu einem Markt der Möglichkeiten. Durch eine Jury werden „20 Gute Beispiele“ präsentiert und ausgezeichnet, die beispielhaft die Vielfältigkeit nachhaltiger Entwicklung zeigen. Vor Ort werden die InitiatorInnen Rede und Antwort stehen, TeilnehmerInnen sind herzlich willkommen. Wer nicht genug bekommt, ist bei der Projektbörse am 24. September im Kühlhaus am Gleisdreieck willkommen. Rund 50 zukunftsweisende Wohn- und Kulturprojekte, Grün- und Garteninitiativen sowie Baugruppen und Agenturen stellen sich dort vor.

Anlass der Woche der Zukunftsfähigkeit war der Weltgipfel für Nachhaltige Entwicklung im Jahr 2002 in Johannesburg. Zehn Jahre nach der Konferenz für Umwelt und Entwicklung in Rio de Janeiro sollte Bilanz gezogen werden über den Klimawandel, das Artensterben und die Armut. Die Ergebnisse waren ernüchternd.

Eine Veränderung der globalen Trends durch die Regierungen oder durch multinationale Unternehmen wird immer unwahrscheinlicher. Lokale Initiativen sind wichtiger denn je. Vor Ort werden die Folgen einer nicht nachhaltigen Politik in Form zerstörter Lebensräume oder sozialer Isolation sichtbar. Das Umdenken und das Handeln muss im Kiez beginnen. Dazu will die Woche der Zukunftsfähigkeit einen Beitrag leisten.

Der Autor ist Geschäftsführer derGrünen Liga BerlinInfos: www.woche-der-zukunftsfaehigkeit.de. Kontakt: Grüne Liga Berlin, Tel. (0 30) 44 33 91 49, E-Mail: week@grueneliga.de