Schuld sind nur die Gene

SCHLAF In Bremen tagen ab heute drei Tage lang 1.800 SchlafforscherInnen: Sie diskutieren vor allem über die Frage, wie groß der Einfluss der Erbanlagen ist

Zehn Prozent der Deutschen haben laut der Bremer Schlafforscherin Svenja Happe Schwierigkeiten beim Ein- und Durchschlafen.

■ Studien aus Bremen bestätigen diese Zahl. Etwa 35.000 Beschäftigte leiden unter schweren Schlafproblemen, sagt eine Studie der Deutschen Angestellten Krankenkasse (DAK), für die kürzlich 3.000 Beschäftigte im Alter von 35 bis 65 befragt wurden. Laut der Studie grübelt jeder Vierte nachts über Ängste und Sorgen. Sonntagsarbeit, Schichtdienst und Jobs nach 20 Uhr plagen jeden Fünften bei der Nachtruhe. (mnz)

Faul, antriebsarm, willensschwach: LangschläferInnen können auf die Umgebung wie das personifizierte Phlegma wirken. Ein ungerechtes Urteil: Menschen mit großem Schlafbedürfnis haben keine Wahl – die Natur hat ihnen den Hang zur Horizontale mitgegeben. Der Zusammenhang zwischen Genen und Schlaf ist ein zentrales Thema bei der 18. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Schlafforschung und Schlafmedizin (DGSM) ab Donnerstag in Bremen. Mehr als 1.800 MedizinerInnen tauschen sich bis Samstag über den aktuellen Stand der Schlafforschung aus.

Guter Schlaf ist nach Expertenansicht notwendig, um gesund und leistungsfähig zu bleiben. So zeigten viele Studien den Zusammenhang zwischen der Gedächtnisleistung von Menschen und ihrem Schlaf, sagt der Vorsitzende der DGSM, der Neurologe Geert Mayer. Durchschnittlich schlafen die Deutschen sieben Stunden am Tag. Doch wie viel Zeit jeder Einzelne im Bett verbringen müsste, werde neben den Lebensbedingungen wesentlich von den Genen mitbestimmt. Eine Disposition, die Folgen haben kann: „Seit zehn Jahren gab es Vermutungen über eine Verbindung von Kurzschlafen und einem Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen, weil beides häufiger gemeinsam auftrat. Doch man hielt das für Zufall“, sagt Mayer.

Insgesamt sind Forscher der Verbindung von Genen und Schlaf schon seit Jahrzehnten auf der Spur, so Geert Mayer. Die Wissenschaft kennt inzwischen nach Angaben der Ludwig-Maximilians-Universität in München und der Abteilung der Neurogenetik der Universität Münster mindestens 15 Gene, die an der inneren Uhr des Menschen drehen. Anders als beim Schlafzeitpunkt wusste man über die Gene, die die Schlafdauer beeinflussen, bislang wenig.

Wer Probleme beim Ein- und Durchschlafen habe, müsse in seinem Umfeld für eine „gute Schlafhygiene“ sorgen, sagt die Bremer Schlafmedizinerin Svenja Happe. „Das Bett ist nur zum Schlafen und für Sex da“, so die Chefärztin des Bremer Institutes für klinische Neurophysiologie. Zum erholsamen Schlaf gehören Happe zufolge regelmäßige Aufsteh- und Zubettgeh-Zeiten. Ein reichhaltiges Essen, Energydrinks, Koffeinhaltiges sollten ebenso tabu sein wie Alkohol. „Das regelmäßige Glas Wein am Abend hilft vielleicht beim Einschlafen, sorgt aber dafür, dass wir in der zweiten Nachthälfte nicht so gut durchschlafen.“ Selbst vom Lesen im Bett rät Happe ab. Gegen das Betthupferl hat Happe aber nichts. taz/dpa