schwabinger krawall: die festnahme nach dem jubiläumsfrühschoppen von MICHAEL SAILER
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Mal wieder muss sich Herr Reithofer wegen einer Fahrradgeschichte vor Gericht verantworten. Nämlich wird ihm vorgeworfen, in heftig angetrunkenem Zustand den Verkehr gefährdet, sich einer Festnahme gewaltsam entzogen und insgesamt vier Polizeibeamten erhebliche Körperverletzungen zugefügt zu haben.

Er sei, sagt der erste Zeuge, mit seinem Kollegen in zivil zur Giselastraße unterwegs gewesen, um die Drogenszene ein bisschen aufzumischen, habe einen schlingernden Radler ohne Licht bemerkt, der die Aufforderung zum Stehenbleiben ignorierte. Man sei gezwungen gewesen, ihn handgreiflich zu bremsen, wodurch es zu einem Sturz gekommen sei. Der Fahrer habe sodann mittels einer nicht zitierfähigen Schimpftirade und gefährlichen Abwehrbewegungen das Herbeiholen von Verstärkung ratsam erscheinen lassen.

Man habe ihm nach dem Eintreffen einer weiteren Zivilstreife zu viert dargelegt, dass es sinnlos sei, sich zu wehren, weil er die erkennungsdienstliche Behandlung und Erstattung einer Anzeige nicht verhindern könne. Das, habe der Angeklagte gebrüllt, wolle man erst mal sehen. Nach erbittertem Ringen, während dessen sich eine grölende Menschenmenge an der Leopoldstraße versammelt und den Angeklagten angefeuert habe, sei es gelungen, diesen zu Boden zu bringen, ins Fahrzeug und aufs Revier zu verschaffen, wo er, weil er weiterhin um sich geschlagen habe, mit zwei Paar Handschellen an einem Heizkörper befestigt worden sei. Er, sagt der Zeuge, sei dabei als „schwule Sau“ tituliert worden, habe einen Kapselriss am Daumen erlitten, der ihn vier Wochen dienstunfähig gemacht habe, und dabei noch Glück gehabt.

Herr Reithofer erklärt, es sei möglich, dass er beim Jubiläumsfrühschoppen im „Theatinerstüberl“ fünf Maß Bier und den einen oder anderen Schnaps verzehrt habe, deswegen sei er aber noch lange nicht betrunken gewesen. Da er beim Watten einen größeren Geldbetrag gewonnen und in der Hosentasche bei sich getragen habe, sei er, als er von den beiden Rüpeln angegangen wurde, von einem Raubüberfall ausgegangen und habe nicht im Traum daran gedacht, stehen zu bleiben und sich der körperlichen Übermacht auszuliefern. Man habe ihm dann einfach ins Fahrrad gelangt, ihn zu Fall gebracht und somit die kriminelle Absicht eindeutig belegt. Dass es sich um einen Polizeieinsatz handle, habe er erst nach der Verprügelung und Verschleppung erkannt, doch sei er nicht bereit, sich das gefallen zu lassen.

Die Richterin lässt die vier Zeugen vortreten und sich neben Herrn Reithofer stellen, den jeder von ihnen um mindestens eine Kopflänge überragt. Ob sie ihr ernsthaft erzählen wollten, sie seien nicht in der Lage gewesen, sich zu viert gegen einen dermaßen kleinwüchsigen Mann zu wehren, fragt sie und beschließt, Herrn Reithofer vom Vorwurf der Körperverletzung freizusprechen. Er müsse sich jedoch, mahnt sie, bei einer gemessenen Alkoholisierung von 2,5 Promille darauf einstellen, seinen Führerschein so schnell nicht wiederzusehen. Einen solchen, sagt Herr Reithofer, habe er, weil ihm Autofahren zu gefährlich sei, sowieso noch nie besessen, und verlässt das Gericht als freier Mann.