Diskokugel für die Nachbarn

PRODUKTTEST Was tun gegen Anonymität in der Großstadt? Dinge teilen – per Aufkleber

Veränderung fängt vor der Haustür an. Oder besser: Schon im Haus. Bei den Nachbarn, den unbekannten.

Es ist meine sechste Wohnung in Berlin und mit Abstand die anonymste. 70 Parteien wohnen in der Platte, ich kenne zwei WGs vom Sehen, die pubertären Kinder von unten höre ich am Wochenende Popsongs singen und manchmal rede ich mit der Frau mit den Hunden, die am Alexanderplatz Menschen nach Geld fragt. Die anderen Haushalte kenne ich gar nicht. Auch nicht den Nachbarn von oben, der uns vor zwei Jahren die Tür eingetreten haben soll.

Was ich jedoch weiß: So ein Hochhaus ist kein Hort des Luxus. Und wenn wir alle schon wenig Geld haben, wäre es doch schön, einige Dinge, die man nur selten braucht, miteinander zu teilen.

Eine Diskokugel, einen Beamer, Umzugskartons, einen Reiskocher, einen Gameboy und W-LAN. Diese Sticker klebe ich an meinen Briefkasten. Dazu den Hinweis „All das kannst du bei mir ausleihen“. Die Aufkleber kann man auf pumpipumpe.ch kostenlos bestellen. Es gibt 40 Motive, schön sind sie. Vergangenes Jahr haben sie den Bundespreis Ecodesign erhalten.

Dass ich die Hälfte der Dinge selbst nicht besitze, ist egal. Vielleicht lerne ich so die Nachbarn kennen. Und dann können wir zusammen Orte besuchen, an denen es eine Diskokugel oder einen Beamer gibt.

Nun ist einige Zeit vergangen. Seit dem Aufkleben ist nichts passiert – und das ist wunderbar. Denn im Gegensatz zum „Keine Post von NPD und DVU“-Sticker, den ich wöchentlich am Briefkasten erneuern muss, kleben meine Ausleihsticker immer noch.

Ich glaube, die Nachbarn und ich, wir werden Freunde.

SVENJA BEDNARCZYK

Briefkastensticker, 0 Euro, Bestellung über www.pumpipumpe.ch