Rettungsanker Steuerzahler

BANKEN Das geplante Gesetz zur Restrukturierung wird Krisen nicht verhindern, kritisieren Sachverständige. Und die Bankenabgabe reiche nicht für mögliche Rettungsaktionen

Bis der Rettungsfonds voll ist, würde es bei der geplanten Abgabe 300 Jahre dauern

VON BEATE WILLMS

Die Bankenrettung war teuer: Auf zwischen 25 und 52 Milliarden Euro werden die Steuerzahler in Deutschland letztlich wohl sitzen bleiben. Um Ähnliches in Zukunft zu vermeiden, plant die Bundesregierung ein Insolvenzrecht, mit dem Krisenbanken saniert oder geordnet abgewickelt werden können. Finanziert werden soll das über einen Fonds, in den die Institute regelmäßig einzahlen. Das Banken-Restrukturierungsgesetz soll noch in diesem Jahr verabschiedet werden, damit es zum 1. Januar in Kraft treten kann. Überzeugt sind aber längst nicht alle. Bei einer Anhörung des Finanzausschusses am Mittwochnachmittag wurde der Entwurf von den Sachverständigen zerpflückt: Krisen würden nicht vermieden, sondern nur ihre Folgen bekämpft, die geplante Bankenabgabe sei ungerecht – und ungenügend.

Kommt der Gesetzentwurf durch, hat eine Bank in Schieflage künftig zwei Möglichkeiten: Sie kann bei der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Bafin) Sanierungsbedarf anmelden und versuchen, sich in Eigenregie wieder hochzuwirtschaften. Tut sie das nicht, kann die Bafin selbst eingreifen, systemrelevante Teile abspalten und unter staatliche Kontrolle stellen sowie den Rest abwickeln.

Die Kosten dafür soll ein Restrukturierungsfonds übernehmen, in den alle Banken und Sparkassen einzahlen sollen. Reicht der nicht, muss der Bund einspringen. Dazu sollen Mittel aus dem Bankenrettungsfonds Soffin umgewidmet werden, der bis 2013 auch den neu zu gründenden Fonds verwaltet .

Er sehe „keinen wesentlichen Fortschritt“ im Vergleich zum geltenden Insolvenzrecht, sagte Martin Hellwig, Direktor am Max-Planck-Institut zur Erforschung von Gemeinschaftsgütern in Bonn. Den Zusammenbruch der HRE etwa hätte man damit nicht verhindert. „Das Gesetz setzt viel zu spät ein“, bestätigte der Bremer Finanzwissenschaftler Rudolf Hickel – wenn die Krise schon da sei. Das Problem, dass Banken zu groß sein können, um sie pleitegehen zu lassen, bleibe bestehen. Dass es auch anders geht, zeigen die USA. Im Juli verabschiedeten sie den Dodd-Frank-Act, der unter anderem große Investmentbanken wie Goldman Sachs und JP Morgan verpflichtet, Teile ihres Geschäfts zu verkaufen.

Deutsche Großbanken können sich also freuen. Dagegen kämen Sparkassen und Genossenschaftsbanken schlecht weg, erklärte Hickel: Dass sie in den Restrukturierungsfonds einzahlen müssten, sei „unsinnig und ungerecht“. Weil sie sich auf Kreditvergabe und Privatkunden konzentrieren, hätten sie die Finanzkrise nicht zu verantworten. Zudem verfügten sie bereits über ein komplettes Sicherungssystem, das einspringt, wenn ein Institut Probleme bekommt.

Wolfgang Gerke, der Präsident des Bayerischen Finanz Zentrums, meinte, immerhin sei die geplante Bankenabgabe „ein Signal“. Den Steuerzahler entlasten werde sie jedoch nicht. Tatsächlich macht die Bundesregierung keine Aussage, welche Einnahmen sie erwartet. Nachdem sie im ersten Entwurf von jährlich 1,3 Milliarden Euro ausgegangen war, musste sie auf eine Anfrage des SPD-Finanzexperten Carsten Sieling kürzlich einräumen, dass bei der geplanten Abgabenhöhe 2008 nur 300 Millionen und 2009 nur 500 Millionen Euro eingenommen worden wären. Um damit die 120 Milliarden Euro zu erreichen, die Otmar Issing, der Leiter der Expertengruppe zur Bankenabgabe, für nötig hält, würde es 300 Jahre dauern.