Mindestlohn: fehlt bloß noch die Union

Auch die SPD-Spitze will jetzt den gesetzlichen Mindestlohn. Unternehmer und Union sind weiter dagegen. Doch machen die Partner von CDU/ CSU nicht mit, werden die Sozialdemokraten halt deren Wunsch nach Kombilöhnen mit versenken

AUS BERLIN ULRIKE WINKELMANN

Die SPD hofft laut ihrem Präsidiumsmitglied Andrea Nahles auf die Zustimmung von CDU/CSU zum Mindestlohn. Nach der Einigung im SPD-Gewerkschaftsrat auf ein Mindestlohnkonzept sagte Nahles gestern im Hessischen Rundfunk, sie gehe davon aus, dass ihre Partei die Union mit ins Boot holen könne.

Am Montagabend hatten sich Gewerkschafts- und SPD-Spitzen in Frankfurt/Main darauf geeinigt, dass zunächst die Tarifparteien eigenständig versuchen sollen, Mindestlöhne für ihre Branchen zu beschließen. Klappt dies nicht oder wird ein bestimmtes Lohnniveau unterschritten, soll der Gesetzgeber einschreiten. Über die Höhe eines Mindestlohns sei nicht geredet worden, hieß es. Die Gewerkschaften fordern 7,50 Euro pro Stunde. Arbeitsminister Franz Müntefering (SPD) sprach zuletzt von sechs Euro.

Tariflich erzielte, dann über das „Arbeitnehmerentsendegesetz“ untermauerte Mindestlöhne gibt es bislang am Bau samt Maler-, Lackierer-, Dachdecker- und Abbruch-Gewerbe. Beschlossen werden sollen sie bald auch für die rund 850.000 Gebäudereiniger. In der Zeitarbeit mit ihren etwa 450.000 Arbeitnehmern stellt sich bislang einer der drei Arbeitgeberverbände quer. Auf eine Einigung mit ihren Arbeitgebern hoffen für 2007 die rund 70.000 privatisierten Müllwerker.

Einen gesetzlichen Mindestlohn über das Instrument des Entsendegesetzes hinaus fordern Gewerkschaften und Linkspartei schon länger, weil die Löhne gerade in den Branchen am tiefsten fallen, die von Tarifbindung und Entsendegesetz gar nicht erfasst werden. Mit ihrer Zustimmung zum Konzept aus dem Gewerkschaftsrat, einen gesetzlichen Mindestlohn jedenfalls in Aussicht zu stellen, verschließen sich Müntefering und SPD-Chef Kurt Beck dieser Analyse von Notwendigkeiten nicht mehr vollständig.

Die Union erklärte allerdings auch gestern wieder unisono mit den Arbeitgeberverbänden, dass sie Mindestlöhne ablehnt. Doch setzt die SPD offenbar darauf, dass ihr Wunsch bei den anstehenden Koalitionsberatungen zur Arbeitsmarktpolitik als Verhandlungsmasse dienen könnte. Nahles sagte, es gebe in der Union den Wunsch nach Kombilöhnen, „und wir haben immer gesagt, dass es Kombilöhne nicht ohne Mindestlöhne geben wird“.

Nahles verwies auf Änderungen im europäischen Arbeitsrecht. Es sei davon auszugehen, dass Bürger aus dem europäischen Ausland binnen drei Jahren ihre Arbeitskraft in Deutschland ungehindert anbieten könnten. „Für diesen Fall sind die Hausaufgaben noch nicht gemacht. Deshalb sollten wir zumindest gemeinsame Mindestlöhne verabredet haben.“