Auch eine Nibelungentreue

LIEBESHASS Die Juden und ihr Wagner ist das Thema heute im Jüdischen Museum

Wenige Tage ist es erst her, dass die Ankündigung eines israelischen Kammerorchesters, im nächsten Jahr im Rahmen der Wagner-Festspiele mit einem Wagner-Programm in Bayreuth gastieren zu wollen, in Israel für einige Empörung sorgte. Die Situation ist also einigermaßen verfahren. Woran natürlich Richard Wagner Schuld hat mit seinen antisemitischen Ausfällen, und der Lieblingskomponist von Hitler war er dazu. Und eine Musik geschrieben, die man durchaus gern und sogar mit Leidenschaft hören kann, hat Richard Wagner eben auch. Verzwickte Sachlage also, der heute Abend im Jüdischen Museum mit einer Langen Nacht der Nibelungen nachgegangen wird. Dabei untersucht Thomas Lackmann in einem konzertanten Werkstattgespräch mit der Journalistin Christine Lemke-Matwey diese seltsame jüdisch-deutsche Liebeshassgeschichte, begleitet von Studierenden der Hochschule für Musik Hanns Eisler und alten Schellackplatten, die die Interpretationen großer jüdischer Wagner-Verehrer dokumentieren. Als ein Beispiel des Wagnerkults ist das frühe Biopic „Richard Wagner“ von 1913 zu sehen, in dem eine Jüdin Wagners Geliebte spielte. Weiter geht es um jüdische Parodien und wagnerianisches Pathos, um Erlösungsmythen und wieder um den Antisemitismus. Was alles seine Zeit braucht. Mit insgesamt vier Stunden dauert der Abend so lange wie eine durchschnittliche Wagner-Oper. Einlass wird aber auch in den Pausen zwischen den einzelnen Programmteilen gewährt. TM

■ Lange Nacht der Nibelungen: Jüdisches Museum, Lindenstraße 9–14 Samstag, 19 Uhr. 15/10 Euro