Prognose: Lehrermangel

Obwohl auch in Zukunft Grundschullehrer in NRW stark nachgefragt werden, plant das Land einen Stellenabbau. „So werden wir bei PISA Schlusslicht bleiben“, kritisiert die Opposition

VON NATALIE WIESMANN

An Grundschulen und in der Sekundarstufe I bleibt die Nachfrage nach neuen LehrerInnen in den kommenden Jahren hoch. In der Oberstufe und an Berufskollegs in NRW hingegen sinken die Berufschancen für Lehramtsanwärter – nur wer Mangelfächer studiert, ist dort in Zukunft gefragt. Dies ist das Ergebnis einer Prognose des Schulministeriums, die gestern in einer Schulausschuss-Sitzung vorgestellt wurde.

Dass bei einer sinkenden Schülerzahl die Einstellungschancen von GrundschullehrerInnen „2012 besser sind als in der Vergangenheit“, wie Thomas Frein, Referent des Schulministeriums, vortrug, hängt vor allem mit der hohen Pensionierungsrate in den kommenden Jahren zusammen: „Die Hälfte der Lehrerinnen an Grundschulen ist heute über 50 Jahre alt.“ Auch die Einführung von Englisch in der Grundschule und der laufende Ausbau von offenen Ganztagsgrundschulen erhöhten den Bedarf an LehrerInnen.

Obwohl die Nachfrage nach GrundschullehrerInnen und Pädagoginnen für die Sekundarstufe I anhält, plant die Landesregierung genau dort den Abbau von Stellen: Im neuen Haushaltsentwurf für das Jahr 2007 sollen 344 Lehrerstellen an Grundschulen und 846 Stellen an Hauptschulen abgebaut werden.

Dabei hatte Schulministerin Barbara Sommer (CDU) noch im März versprochen, dass trotz sinkender SchülerInnenzahlen die vorhandenen Stellen erhalten bleiben würden. „Wenn wir bei den kommenden PISA-Studie besser abschneiden wollen, können wir keine Lehrerstellen abbauen“, sagt deshalb die Ex-Schulministerin und heutige schulpolitische Sprecherin der SPD-Fraktion, Ute Schäfer. Es müsse insgesamt mehr Geld in das Bildungssystem gesteckt werden. Auch Udo Beckmann vom Landesverband Bildung und Erziehung (VBE) fragt sich, wie beim gleichbleibenden Verhältnis von LehrerInnen zu SchülerInnen die angekündigte „individuelle Förderung betrieben werden soll“.

Die mit Tabellen und Schaubildern untermalten Prognosen des Schulministeriums riefen im Schulausschuss auch bei den Grünen Kritik hervor: „Diese Voraussagen sind zu linear“, so Sigrid Beer, schulpolitische Sprecherin der Grünen-Fraktion. Lediglich die Zahlen der Pensionierungen mit den Schülerzahlen zu verrechnen, reiche nicht aus. „Sie müssen Szenarien erstellen, wie sich unter bestimmten bildungspolitischen Voraussetzungen der Bedarf entwickeln könnte.“ Nicht berücksichtigt sei die Perspektive auf eine Erweiterung des Ganztagsangebots. Niemand könnte außerdem voraussagen, wie sich die Abiturientenquote entwickle: „Der Druck durch das Turbo-Abitur kann dazu führen, dass viele Schüler und Schülerinnen vorzeitig abgehen.“

Die Schulausschusssitzung endete mit dem Auszug der Opposition aus dem Saal. SPD und Grüne verließen die Sitzung, weil die Ministerin nicht selbst zur Einbringung des Bildungshaushalts anwesend war: „Das ist eine Missachtung des Parlaments.“