FDP blockiert Mindestlohn in der Zeitarbeit

LÖHNE Eine gesetzliche Untergrenze für Leiharbeiter sei augenblicklich nicht notwendig, sagen die Liberalen – obwohl selbst die Arbeitgeber dafür sind. Immerhin: Für 2011 machen sie einen Kompromissvorschlag

BERLIN taz | Den Mindestlohn für fast eine Million Beschäftigte der Zeitarbeit in Deutschland einzuführen, könnte ganz einfach sein. Arbeitgeberverbände sind dafür, Gewerkschaften ebenso, auch die Union und CDU-Arbeitsministerin Ursula von der Leyen. Nur die FDP sträubt sich. Der Konflikt wird die Koalition in den kommenden Wochen beschäftigen.

Bislang können Zeitarbeitsfirmen ihre Beschäftigten mit drei oder vier Euro pro Stunde abspeisen. Zeit- oder Leiharbeiter verdienen oft weniger als die Mitarbeiter, die Unternehmen fest anstellen. Und ab Mai 2011 verschärft sich die Situation: Dann können Beschäftigte aus Osteuropa ohne Einschränkungen in Deutschland arbeiten. Um die Konkurrenz durch neue Niedriglohnanbieter zu verhindern, hat sich die Zeitarbeitsbranche nun auf eine gemeinsame Lohnuntergrenze geeinigt: 7,79 Euro pro Stunde in Westdeutschland, 6,89 Euro im Osten.

Damit dieser Mindestlohn für alle Firmen und Beschäftigten gilt, müsste sich die schwarz-gelbe Regierung darauf einigen, das Entsendegesetz zu ändern. Dagegen jedoch wehrt sich die FDP. Deren Fraktionsvize im Bundestag, Heinrich Kolb, sagte der taz: „Die FDP hat nicht die Absicht, die Branche der Zeitarbeit in das Entsendegesetz aufzunehmen.“

Damit stellen sich die Liberalen nicht nur gegen die CDU/CSU. Auch die drei Arbeitgeberverbände der Zeitarbeit, die die große Mehrheit der Firmen vertreten, der Deutsche Gewerkschaftsbund und christliche Gewerkschaften plädieren für einen einheitlichen Mindestlohn.

Die Liberalen lehnen gesetzlich festgelegte Mindestlöhne ab, weil sie sie als zu starken Eingriff des Staates in die Wirtschaft empfinden. Außerdem, so Kolb, gebe es nach der Einigung der Arbeitgeberverbände auf eine gemeinsame Lohnuntergrenze kaum einheimische Firmen, die schlechter bezahlen würden.

Was aber ist ab Mai 2011? Dann kann es zu Situationen wie dieser kommen: Eine Zeitarbeitsfirma aus Osteuropa schickt ihre Angestellten in ostdeutsche Supermärkte, wo sie für 2,50 Euro pro Stunde die Regale einräumen. FDP-Politiker Kolb ist sich des Problems bewusst. Zwar ist er gegen den Mindestlohn im Entsendegesetz, kann sich aber einen anderen Weg vorstellen, um Lohndumping zu erschweren.

„Wir sollten die Zeitarbeitsfirmen verpflichten, ihren Mitarbeitern bei einer längeren Einsatzdauer im Kundenunternehmen auch die dort üblichen wesentlichen Arbeitsbedingungen zu gewähren“, so Kolb. Ein so konstruierter Mindestlohn würde dann nicht für alle Beschäftigten ab dem ersten Tag gelten, sondern erst nach einer Übergangsfrist. Ob sich die Arbeitsministerin und ihre Partei darauf einlassen wollen, ist unklar.

HANNES KOCH