Beste Pressurearbeit auf Bambusbasis

SCHNITTSTELLENMUSIK Das knochentrocken jazzige AsianArt Ensemble gastierte am Montag im Werner-Otto-Saal des Konzerthauses

Da wäre beispielsweise das Koto, die mächtige Wölbbrettzither mit ihrem knochentrockenen Klang, der die japanische Musik prägt. Oder die (der Artikel ist nicht unbedingt gesichert) Daegum, die koreanische Bambusflöte. Man wird sich an diese Instrumente gewöhnen müssen auch in den hiesigen Konzertsälen. Irgendwann braucht es dann möglicherweise nicht einmal mehr das mit der „japanischen Zither“ und der „Bambusflöte“ als Kennzeichnung, weil dereinst Koto und Daegum hier so vertraut sein werden wie etwa eine Geige, die man doch auch nicht mehr als „Streichinstrument“ einführen muss.

Beste Pressurearbeit bei diesem Gewöhnungsprozess leistet das AsianArt Ensemble. Bei dem handelt es sich allerdings nicht um ein weiteres Folklore-Ensemble, das mit den traditionellen asiatischen Instrumenten traditionelle asiatische Musik spielen möchte. Diese hat durchaus ihren Einfluss auf die Musik, die man sich bei dem 2009 gegründeten Berliner Ensemble vorstellt, das dazu aber auch mit den traditionellen westlichen Instrumenten antritt. Geige, Bratsche, Cello. Den Herzstückinstrumenten der westlichen Kammermusik also.

So ist das eine einzigartige Kombination, für die erst einmal ein Repertoire erarbeitet werden muss, mit dem AsianArt Ensemble als Anreger und Stichwortgeber. „Neue Musik der Welt“ könnte das dann heißen, schlug der Ensemblemitgründer Il-Ryun Chung am Montag im Werner-Otto-Saal im Konzerthaus vor, der auch sonst mit hilfreichen Stichworten durch den Abend mit dem AsianArt Ensemble führte, weil man halt mit dem asiatischen Kulturraum nicht unbedingt so vertraut ist.

Nicht allgemein bekannt dürfte etwa sein, dass der Schamanismus in der hochtechnisierten Gesellschaft von Südkorea weiterhin sein bedeutsames Standing hat mit seinen Ritualen (die fest in Frauenhand sind) – Rituale, in denen die Kommunikation mit Geistern und Brücken zum Jenseits gesucht werden. In denen also prinzipiell auch ekstatische Momente von Bedeutung sind, was so mit der sich lieber in der Sublimation übenden Neuen Musik eine interessante Reibung ergibt, die beim Konzert am Montag zu hören war: In seiner „Focused“-Reihe widmete sich des AsianArt Ensembles diesmal (nachdem bis dato die Instrumente wie Koto oder Daegum und Klangräume – China, Korea und Japan – kompositorisch präsentiert wurden) dem koreanischen Schamanismus als musikalischer Inspiration.

Bei der Komposition „Sept Etoiles“ für Daegum, Changgu, Streichtrio und Elektronik von Marie-Hélène Bernard, die an dem Abend uraufgeführt wurde, gab es dazu auch auf der Videoleinwand mit einer tanzenden Schamanin das entsprechende Bildmaterial zu sehen. Noch ein wenig eindrücklicher war, wie man sich in dem Stück „Kamunagi“ (Tanz) des japanischen Komponisten Akira Nishimura von den zuerst ganz sacht in die Stille hineingetupften Klängen mit einem ostinaten Puls langsam in den sachten Trab einer Trance hören durfte – was man sich prima auch als Soundtrack für einen ambitionierten Spaghettiwestern vorstellen könnte.

Zum Schluss des Konzerts gab es ein Improvisation über und mit koreanischer Musik. Was der Organisationsform nach wiederum auch als Jazz gehört werden durfte, mit dem Sammeln von den einzelnen Stimmen und musikalischen Vorstellungen – das Cello, die Geigen, Koto, Daegum. Als weitere Schnittstelle nach der zwischen West und Ost und zwischen Neuer Musik und asiatisch geprägten Traditionen könnte man sich dabei als neue Anschlussmöglichkeit bestens den Schulterschluss des AsianArt Ensembles mit den Improvisateuren der Berliner Echtzeitmusikszene vorstellen. THOMAS MAUCH