Mehr modernes Management

Gezielte Ausbildungen für das Hochschul- und Wissenschaftsmanagement soll den Universitäten eine bessere Führung bringen und bietet Akademikern neue Karrierechancen. Im Zuge wachsender Hochschulautonomie sind „Professionals“ gefragt

VON MAREIKE KNOKE

Kai Handel hat es gut getroffen: Sein Arbeitsplatz liegt in bester Lage am idyllischen Bodensee. Noch dazu arbeitet er in seinem – gut dotierten – Traumjob: Seit diesem Sommer ist der 40-jährige promovierte Physiker und Wissenschaftshistoriker Präsident der Fachhochschule Konstanz. In der immer noch ziemlich konservativ denkenden Wissenschaftscommunity ist seine Wahl zum Hochschulleiter durchaus keine Selbstverständlichkeit. Denn Handel hat sich bislang keine Meriten als Hochschulprofessor erworben.

„Es ist noch gar nicht so lange her, da galt es als ausgemacht, dass nur, wer etliche Jahre als Hochschullehrer gearbeitet hat, ein wirklich guter Hochschulleiter sein kann“, sagt Handel. Doch das ändert sich allmählich. Und Handel hat einem Hochschulprofessor ohnehin einiges an nötigem Wissen für den Job voraus: Er spezialisierte sich in den vergangenen Jahren als Projektleiter am Centrum für Hochschulentwicklung (CHE) auf Dienstrecht und Personalentwicklung. Und absolvierte nebenher ein zweijähriges Aufbau-Masterstudium (MBA) „Hochschul- und Wissenschaftsmanagement“ an der Fachhochschule Osnabrück.

Kai Handel gehört damit zu jener noch jungen Berufsgruppe, für die Hochschulforscher wie Ulrich Teichler, Professor an der Uni Kassel, den Begriff „Professionals“ prägten: Mitarbeiter, die sowohl in Lehre und Forschung als auch im Management zu Hause sind. Und als Referenten, Forschungsgruppenleiter, Dezernenten, Dekane oder künftige Rektoren dafür sorgen sollen, dass Hochschulen, außeruniversitäre Wissenschaftsorganisationen oder Forschungsinstitute wie ein gut geöltes Getriebe laufen.

„In dem Maße, wie die Hochschulen in den einzelnen Bundesländern mehr Autonomie bei der Definition ihrer Strukturen, der Verwaltung ihres Haushaltes und der Berufung von Professoren erhalten, müssen sie sich auch mit modernem Management befassen“, sagt Teichler. „Denn spätestens, wenn flächendeckend die neuen Bachelor- und Masterstudiengänge und Studiengebühren eingeführt werden, rückt auch der Wettbewerb ins Blickfeld – um Studenten und um gute Wissenschaftler.“ Ohne modernes Qualitätsmanagement und effektive Marketingaktivitäten geht also nichts mehr.

Damit hapert es vielerorts noch, wie Frank Ziegele, Referent am CHE und Professor für Wissenschaftsmanagement in Osnabrück, weiß: „Die Uhren im Wissenschaftsbetrieb ticken gemächlicher als in der freien Wirtschaft.“ Für umso wichtiger hält Ziegele es, Fachleute an die Schaltstellen zu setzen, die sowohl mit den Wissenschaftlern als auch mit den Verwaltungsleuten kommunizieren können und beide Seiten entlasten.

An diesem Punkt setzen Weiterbildungsseminare und Studiengänge an. Etwa ein halbes Dutzend sind derzeit im Angebot: An den FH Osnabrück und Bremen, an den Unis Kassel und Oldenburg sowie an der Hochschule für Verwaltung in Speyer und an der Technischen Universität Berlin. Fast alle lassen sich – außer in Speyer – berufsbegleitend studieren und schlagen – außer bei dem bis auf die Semestergebühren kostenlosen Studiengang an der Uni Kassel – mit Gebühren von im Schnitt 1.500 Euro pro Semester zu Buche.

Auch die Historikerin Antje Stannek reizte die Aussicht, nach ihrem Master in Osnabrück die Seiten von der reinen Wissenschaft in die Verwaltung zu wechseln. Seit dem Frühjahr 2005 büffelt sie mit 15 anderen Weiterbildungswilligen – promovierten Wissenschaftlern aller Fachbereiche, Hochschulprofessoren, Verwaltungswirten, Diplomingenieuren – Organisation, Verwaltung und Recht, Personalmanagement, Strategisches und Operatives Management und Wissenschaftskommunikation. Das Studium gliedert sich in Module, die mit Klausuren abschließen. Anwesenheitspflicht ist an acht Präsenzwochenenden pro Semester. Dies wird ergänzt durch intensives Selbststudium am heimischen Schreibtisch sowie E-Learning-Einheiten.

Vom reinen Wissenschaftsbetrieb an der Technischen Universität Braunschweig, wo sie sieben Jahre mit immer wieder befristeten Verträgen als wissenschaftliche Mitarbeiterin hingehalten wurde, hatte Antje Stannek die Nase voll. Die Aussichten auf eine Professur waren gleich null. Obwohl sie vielfältige Forschungs- und Auslandserfahrungen vorzuweisen hatte.

Der Wechsel von der Wissenschaft in die Verwaltung fiel leichter als gedacht, sagt Antje Stannek: „Zumal ich mich fachlich bereits viel mit europäischer Bildungsgeschichte und -management beschäftigt hatte.“ Und: Im August, also bereits ein gutes halbes Jahr vor der Abschlussprüfung ins Osnabrück, bekam sie von der Landesbibliothek Eutin den Zuschlag für eine unbefristete Stelle, in der sich Wissenschaft und Verwaltung kombinieren lassen: Stannek ist nun Koordinatorin der Forschungsstelle Reiseliteratur. „Zufällig war die historische Reiseliteratur einer meiner Studienschwerpunkte“, freut sich die 41-Jährige. Doch letztlich habe die Tatsache, dass sie den Weiterbildungsstudiengang absolviere, den Ausschlag gegeben.