Finanzjonglieren für blutjunge Anfänger

BILDUNG In Geldkunde sollen Schüler „Finanzkompetenz“ lernen. Verschuldung steigt

„Was für ein Geldtyp bin ich?“ Welcher SchülerIn macht sich darüber schon Gedanken, ob er oder sie verschwenderisch oder sparsam, genussorientiert oder eher anspruchslos ist? Diese Fragen sind aber nur der Einstieg in das Thema Finanzen. Mit Hilfe von Spielkarten, Rollenspielen und Filmen erhalten SchülerInnen der Oppenheim-Oberschule in Charlottenburg eine Einführung in Geldkunde. Vier Doppelstunden im Rahmen des Fachs Arbeitslehre sollen zukünftig für Geldkunde aufgewendet werden. Dabei stehen der eigene Umgang mit Geld und das Erlangen von sogenannter Finanzkompetenz im Vordergrund.

Katrin Lompscher, Senatorin für Gesundheit, Umwelt und Verbraucherschutz (Linke), begrüßt das Projekt. In Berlin seien von den Haushalten der bis 30-Jährigen 20 Prozent überschuldet. Damit nicht so viele in die Schuldenfalle tappen, „müssen wir die Finanzkompetenz der Jugendlichen verbessern“, so Lompscher. Auch Projektleiterin Bettina Heine von der Schuldner- und Insolvenzberatung Charlottenburg-Wilmersdorf weiß um diese Notwendigkeit. Oft seien es Handyverträge, mit denen das Schuldenmachen beginne. Viele Jugendliche machten sich über Konsequenzen beim Geldausgeben keinerlei Gedanken.

Auch für Aytug und Manuel aus der 9. Klasse der Oppenheim-Oberschule war alles ganz neu. „Das war vorher kein Thema“, sagt der 15-jährige Aytug. „Ich habe was gelernt. Wie ich mein Geld einteilen muss, wenn ich Miete zahlen muss und so.“ Das Unterrichtsmaterial mit den vielen Comics gefällt den Jugendlichen. „Das ist cool gemacht. Und so, dass man es auch versteht“, findet Manuel.

Das Projekt Geldkunde wurde im August und September 2009 an drei Berliner Oberschulen erprobt. Betreut und evaluiert wurde das Pilotprojekt von Michael-Burkhard Piorkowsky, Haushalts- und Konsumökonom der Universität Bonn. In der Studie kommt Piorkowsky zu dem Schluss, dass Geldkunde jungen Menschen tatsächlich dabei hilft, besser mit ihrem Geld umzugehen. So könnten viele erst nach der Teilnahme an dem Unterricht erklären, was zum Beispiel der Unterschied zwischen einem Girokonto und einem Sparbuch ist.

„Wichtig ist es, dass die Jugendlichen verstehen, was passiert, wenn man zum Beispiel seine Rechnungen nicht bezahlt“, erläutert Heine. Sie bietet auch Seminare an, in denen sich Lehrer und Sozialarbeiter zum Thema weiterbilden können.

Die entscheidende Frage ist jedoch: Schützt Geldkunde vorm Schuldenmachen? Manuel und Aytug sind sich einig, vieles dazugelernt zu haben. Doch ob sich im eigenen Verhalten etwas verändert hat, lassen die beiden offen. „Im Internet lese ich nie die AGB, das nervt“, so Aytug. „Ich habe das auch noch nie gelesen“, stimmt Manuel zu. „Ich klicke einfach drauf und weiter.“

MARIE-CLAUDE BIANCO