MARKUS VÖLKER ÜBER MORAL UND MEISTERSCHAFT DES FC BAYERN
: Ulis bester Freund

Dieser Titel ist für Uli“, sagte Josep „Pep“ Guardiola nach dem Gewinn der Meisterschaft. Er, der magische Trainer, und seine Erfolgstruppe widmeten den Titel einem verurteilten Steuerhinterzieher, Ulrich Hoeneß, der demnächst in die JVA Landsberg a. L. zieht. Der Uli sei ihm ein guter Freund geworden, erzählte der Katalane zuletzt mehrfach und blieb stets streng beim Sportlichen. Kein Wort zu der moralischen oder gar politischen Dimension des Falles. In dieser Causa mauerte Guardiola ebenso gut wie die Vierer-Abwehrkette des FC Bayern München.

Guardiola lässt sich von der Sportpresse gern als Messias feiern, als ein Visionär, der den Fußball taktisch und spielerisch revolutioniert habe. Er gilt als Hohepriester des Tikitaka, als ein Sektenführer des Schönspiels. Aber lässt man den Blick einmal schweifen über das gesamte Oeuvre von Guardiola, dann tritt er nicht nur als genialer Fußballtrainer in Erscheinung. Er unterhält nach einem zweijährigen Engagement beim katarischen Klub al-Ahly beste Kontakte ins Scheichtum. Nicht zuletzt dank seines Einflusses warben die „Qatar Foundation“ und „Qatar Airways“ auf den Trikots des FC Barcelona, Guardiolas Exklub.

Als es angebracht gewesen wäre, etwas zur Menschenrechtslage in Katar, zu den extremen Arbeitsbedingungen auf den WM-Baustellen oder zum Schicksal des quasi versklavten französischen Fußballspielers Zahir Belounis zu sagen, da schwieg Guardiola beredt. Dabei gibt er vor, die Werke des Königsberger Moralisten Immanuel Kant zu verschlingen. Dessen Kernaussage scheint ihn freilich nicht zu interessieren: „Handle so, dass die Maxime deines Willens jederzeit zugleich als Prinzip einer allgemeinen Gesetzgebung gelten könne.“ Warum auch? Guardiola agiert schließlich im bisweilen sinistren Fußballbusiness. Genauso wie Übervater Hoeneß.

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