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: Sphärische Klänge

Es ist stockdunkle Nacht in dem kleinen Park in Wilhelmsburg an der Mengestraße. Man verlöre den Weg aus den Augen, stünden nicht diese rot leuchtenden Windlichter rechts und links, die sich, gleich der Lichter einer Landebahn auf einem Flughafen, durch die Dunkelheit ziehen und dem Ankömmling mit auf die Reise nehmen.

Weiter hinten noch mehr Lichter, scheinbar ohne Funktion, rund um eine kleine Kapelle angelegt, irgendwo zwischen gruselig und friedlich. Drinnen dann Musikliebhaber, die auf Sofas und gepolsterten Getränkekisten sitzen und bei farbiger Beleuchtung in Richtung Altarraum ohne Altar blicken, denn dort haben die Bands des Abends, sie heißen „Kinn“ und “Plokk“, bereits aufgebaut. Nach einem letzten Orgelstück von der Platte, recht wild und weit gehalten, mit vielen flimmernden Sekundklängen, die von den bauchigen Bögen des kleinen Clubs ab- und aufs Ohr prallen, geht es live zur Sache, aber nicht laut.

Wie ein guter Duft durchziehen die sphärischen Klänge von Kinn den hohen Raum, drängen mit langsamen Reggae-Beats auf Zerstreuung und Entspannung der aufmerksamen Zuhörer.

„Ich habe eines Tages diese alte Kapelle gesehen“, erklärt Mathias Lintl, wie es zu dem Club kam, „und mich sofort bei der Behörde erkundigt“. Die habe ihm gleich die Schlüssel ausgehändigt – Hauptsache da laufe etwas.

Mit härterem Gitarrensound und beweglichem Bass bringen die drei Jungs von Plokk unterdessen Stücke im Fünfviertel- und Siebenachteltakt mit unglaublichen Rhythmusbetonungen zustande und geben dem Publikum Energie zurück, bevor es wieder nach Hause geht, durch den kleinen Lichterpark, jetzt nicht gruselig, nur friedlich. BJÖRN BENDIG