NUR STEUERMITTEL KÖNNEN GESUNDHEITSREFORM RETTEN
: Ein Ausweg ohne Ampeln

Die Gesundheitspolitik macht die Regierung krank. Kein Tag vergeht ohne neue Streitereien, auch nach dem Krisengipfel der Parteichefs Angela Merkel und Kurt Beck ist keine Lösung in Sicht. Das ist bedauerlich, weil Union und SPD mit ihrem Dauerhickhack nicht nur sich selbst schaden. Auf dem Spiel stehen längst mehr als der Koalitionsfrieden, Umfragewerte oder die Macht der Kanzlerin. Auch wenn es pathetisch klingen mag: Es geht inzwischen darum, den Glauben an die Gestaltungskraft der demokratischen Parteien insgesamt zu retten. Wie wichtig das ist, müsste spätestens nach den Erfolgen der NPD bei den jüngsten Landtagswahlen jedem klar sein.

So verlockend die Spekulationen über einen Regierungswechsel sind: Die Mehrheitsverhältnisse zwingen die beiden Volksparteien für absehbare Zeit, zusammenzubleiben – und wohl oder übel auch eine Gesundheitsreform zustande zu bringen. Der vermeintliche Ausweg, den manche Sozialdemokraten jetzt anvisieren – eine Koalition mit FDP und Grünen – ist keiner. Selbst wenn man davon ausgeht, dass die Liberalen um der Macht willen so gut wie alles mitmachen: Angesichts der auf Jahre gesicherten Unionsmehrheit im Bundesrat wäre ein solches Bündnis erst recht nicht handlungsfähig, die Ampel stünde meist auf Rot. Und zu einer Jamaica-Koalition, die manchen Christdemokraten vorschwebt, sind vielleicht die grünen Führungsleute bereit, CSU und grüne Basis kaum.

Es bleibt den Regierungsparteien also gar nichts anderes übrig, als weiter nach einem Kompromiss zu suchen. Im Kern heißt das, neue Geldquellen für die Gesundheitsversorgung zu finden. Was dabei für die SPD nicht geht, ist klar: Einfach die gesetzlich Versicherten weiter abzuschröpfen. Die Privatversicherten wiederum will die CDU schonen. Wo also Geld hernehmen? Die beste Lösung lag im Juli schon auf dem Tisch – mehr Steuermittel. Abgelehnt hat diesen Vorschlag nicht zuerst die Kanzlerin, sondern ihre Parteifeinde aus den Ländern. Wenn sie ihre Regierung retten will, muss Merkel einen neuen Anlauf wagen und die Ministerpräsidenten zum Schwur zwingen. LUKAS WALLRAFF