US-GEHEIMDIENSTE RÄUMEN EIN: IRAKKRIEG FÖRDERT TERRORISMUS
: Klare Analyse, aber keine Folgen

Willkommen im Club! In einem geheimen Papier haben die 16 US-Geheimdienste jetzt festgestellt, was der Rest der Welt schon wusste: Der Irakkrieg hat dem islamistischen Terror weltweit zum Aufschwung verholfen. Überraschen kann die Analyse niemanden – und sie wird auch keine Konsequenzen haben.

In dem Maße, wie Anti-Kriegs-Positionen in den USA populärer werden, versucht die Bush-Regierung immer stärker, Irakkrieg und Antiterrorkampf miteinander zu verbinden. US-Präsident Bush betont seit einiger Zeit, es sei gut, dass die zentrale Front im Kampf gegen den Terrorismus jetzt im Irak verlaufe – dann müsse man die Terroristen wenigstens nicht in den USA bekämpfen. Mal abgesehen davon, dass eine solche Analyse ausgesprochen menschenverachtend ist, weil sie die irakische Bevölkerung zum Kanonenfutter eines Konflikts macht, den zu beherbergen sie sich nicht ausgesucht hat. Und abgesehen auch davon, dass diese Aussage die fatale – weil zu falschen Konsequenzen leitende – Fehleinschätzung enthält, der immer komplexere Bürgerkrieg im Irak sei mit „Krieg gegen Terrorismus“ auch nur annähernd richtig beschrieben. Die These ist auch schlicht falsch, denn sie behauptet, der „Terror-Magnet“ Irak ziehe in einem Maße all diejenigen an, die sich den Ideologien des militanten Dschihad verschrieben hätten, sodass der Rest der Welt irgendwie sicherer sei – das ist erkennbarer Unsinn.

Man muss davon ausgehen, dass auch das neue Papier der US-Geheimdienste nicht zu einem Umdenken oder zu einer Neudefinition der politischen Strategie der Bush-Regierung führen wird. Wer fünf Jahre lang durch Realitäten nicht von seinen Traumbildern abzubringen war, den dürften auch die zusammengeführten Geheimdiensterkenntnisse nicht beeindrucken. Das aber schadet nicht nur den USA und der irakischen Bevölkerung, sondern verschärft auch den inzwischen tatsächlich weltweiten Konflikt. Eine möglichst klare Aussage der US-amerikanischen Wählerschaft bei den Kongresswahlen am 7. November scheint leider die einzige – wenn auch nicht hinreichende – Hoffnung, dieser verhängnisvollen Entwicklung Einhalt zu gebieten. BERND PICKERT