Der Staat darf außen vor bleiben

Schwarzfahrer füllen das Gefängnis Plötzensee

VON SVENJA BERGT

Es geht schneller, als man denkt: Mal die Trägerkarte des Monatstickets vergessen, mal nicht genau auf den Zeitstempel des Automaten geachtet und dann ein bisschen mit der Post geschlampt. Schon ist nicht nur ein „erhöhtes Beförderungsentgelt“ an die Verkehrsbetriebe fällig, sondern auch ein Gang vor den Richter. Der Vorwurf: „Erschleichen von Leistungen“. Geldstrafe oder Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr sieht das Gesetz hier vor. Denn Schwarzfahren ist eine Straftat.

Überfüllte Gefängnisse

Wozu das führt, sieht man in der JVA Plötzensee: Knapp ein Drittel der dort Inhaftierten sitzt wegen Schwarzfahrens hinter Gitter. Nicht nur, dass ein Haftplatz täglich knapp 90 Euro kostet. Die Berliner Gefängnisse klagen seit Jahren über Überfüllung: Es gibt Doppelbelegungen in Zellen, die eigentlich für einen Gefangenen ausgelegt sind, es mangelt an Personal und an Arbeitsmöglichkeiten für die Inhaftierten. Dazu kommt: Ob Gefängnisse tatsächlich zu einer Resozialisierung beitragen, ist umstritten. Vor allem bei so kleinen Delikten wie Schwarzfahren ist das Risiko hoch, im Gefängnis erst richtig auf die schiefe Bahn zu geraten.

Was fehlt, ist die Frage nach dem Warum. Warum muss Schwarzfahren eine Straftat sein? Reicht der zivilrechtliche Anspruch der Verkehrsbetriebe – in Berlin sind das immerhin 40 Euro – nicht aus? Wieso muss der Staat eingreifen und Kosten für amtliche Schreiben, für Gerichtsverfahren und Haftzeiten verursachen? Besser wäre es, den Straftatbestand ganz zu streichen. Und damit in Gefängnissen und in Gerichten Platz zu schaffen für wirkliche Probleme.