HSV-Gegner ZSKA Moskau
: Keine Anhänger, aber viel, viel Geld

Ein Gespenst geht mal wieder um in Europa. Es hört auf den Namen „Russlandisierung des Fußballs“. Der Hoeneß-Uli hat es vor wenigen Wochen so getauft, weil er die Schnauze voll hat von Abramowitsch-Millionen und Wechselberg-Investitionen. Dabei ist das Gespenst ja erst einmal zur deutschen Konkurrenz geflattert: Die Bremer trafen schon auf den FC Chelsea, über den doch jeder weiß, dass dort der Herr Abramowitsch Millionen versenkt. Die Hamburger müssen nun ran bei ZSKA Moskau, über den nicht ganz so viele wissen, dass auch dort der Herr Abramowitsch seine Geldfinger mächtig im Spiel hat. Von knapp 20 Millionen Dollar im Jahr ist die Rede.

Der russische Oligarch als Geldgeber ist nicht das einzige, das ZSKA mit Chelsea verbindet. Stichwort Tradition, irgendwie: Der Verein wurde 1911 gegründet und war zeitweise durchaus erfolgreich: sieben Meistertitel in der UdSSR, fünf davon zwischen 1946 und 1951. Oder Stichwort Image: Das könnte schlechter kaum sein. So gilt in Russland: Vieles ist verschmerzbar, nur kein ZSKA-Titel. Eingefleischte Anhänger gibt es kaum, bei normalen Spielen hat der Klub nur Zuschauerzahlen wie der deutsche Zweitligist Koblenz.

Doch ZSKA kann sich auch mit Chelsea vergleichen lassen, was den sportlichen Erfolg anbelangt: Zwei Meistertitel in den vergangenen zwei Jahren und ein UEFA-Cup-Triumph 2005, das ist eine starke Bilanz. Manchmal schießt Geld wohl doch Tore. Der „Mourinho von Moskau“ ist Trainer Waleri Gassajew, der für russische Verhältnisse ziemlich unbeschwert arbeiten kann. Zumindest muss er weniger als viele Kollegen befürchten, dass wöchentlich irgendein sportlicher, technischer oder General-Direktor des Vereins in der Presse für Unruhe sorgt.

Mit den Ergebnissen dieser Arbeit muss sich nun der HSV messen. Im Klartext: mit russischer Defensivarbeit und südamerikanischen Kreativkünsten. Das offensive Brasilien-Dreieck Carvalho/Vagner Love/Jo braucht sich vor wenigen in Europa zu verstecken. Während Erstgenannte vor kurzem mit der Nationalmannschaft Argentinien besiegen durften, musste Jo verletzt zuschauen. Seit vier Wochen hat das 19-jährige Wunderkind nicht gespielt, die Tabellenführung hat ZSKA trotzdem inne. Mit oder ohne Jo: Der HSV wird heute merken, ob sich das Gespenst der „Russlandisierung“ nur aufs Finanzielle bezieht – oder nicht auch aufs Sportliche.JOHANNES AUMÜLLER