Carmen Korn, Die Katzenfreundin und die Zeichen des Todes
: Wenn die Streuner ausbleiben

mit feinen Sprüngen im Alltäglichen

Das Marketing mancher Verlage hat dem Regionalkrimi zu einiger Verbreitung verholfen – und zu einem zweifelhaften Ruf. Sind Regionalkrimis wirklich so provinziell? Das will diese Serie in loser Folge ergründen.

Es könnte gut sein, dass Carmen Korn auf dem Sofa saß und sich „Das Fenster zum Hof“ ansah, als ihr die Idee kam. Das Grundmotiv ihres Hamburg-Krimis jedenfalls erinnert an den Hitchcock-Klassiker: Die Geschichte beginnt mit einer verschwundenen Frau – und dem Blick in ein erleuchtetes Fenster.

Korns Hauptfigur Loretta hat zwar weder Gipsbein, Rollstuhl noch eine warnende Pflegerin. Die 32-Jährige mit den italienischen Wurzeln, ist alleinstehend, kocht gern und gut, trifft sich ab und an mit ihrer Schwester und arbeitet als Übersetzerin. Nach dem Tod ihres Freundes scheint sie sich selbst genug zu sein und findet Trost bei ihren zwei Katern, Herr Slesar und Herr Schwarz. Zudem kümmert sie sich liebevoll um die streunenden Katzen in ihrem Viertel: Mit quietschendem Bollerwagen zieht sie Abend für Abend los und verteilt auf verlassenen Grundstücken Katzenfutter und Streicheleinheiten.

Bei einem dieser Streifzüge beobachtet sie einen Mann mit einem riesigen Tranchiermesser in einer hell erleuchteten Wohnung. Als er Loretta entdeckt, legt er sich die Klinge des Messers an den Hals und zeigt anschließend mit des Messers Spitze auf sie.

Auf dem selben Grundstück wird später eine Frauenleiche mit durchgeschnittener Kehle gefunden, und ein dürrer, heruntergekommener Mann läuft Loretta ständig über den Weg und spricht über vergewaltigte Frauen. Die Rolle der warnenden Pflegerin wird dann in gewisser Weise doch noch besetzt: durch Kommissar Titus Landau, der im Fall der verschwundenen Frau ermittelt.

Carmen Korn will nicht mit Blutrünstigkeiten Spannung erzeugen, sondern

Korns Konzept ist klar: Die in Hamburg lebende Schriftstellerin und Journalistin will nicht mit Hau-Drauf-Aktion oder Blutrünstigkeiten Spannung erzeugen, sondern mit feinen Sprüngen im Alltäglichen: Eine Frau verschwindet, ein Turnschuh taucht im Gestrüpp auf, die wilden Katzen lassen sich an ihren angestammtem Plätzen nicht mehr blicken, Lorettas Nachbar kehrt nicht in seine Wohnung zurück, eine Freundin reagiert nicht auf E-Mails. Viele kleine Zeichen, die Lorettas Selbstsicherheit ins Wanken bringt. Sie schafft sich sogar Vorhänge für die Fenster an, weil sie sich nicht mehr unbeobachtet fühlt, wenn sie nachts in ihrer Ladenwohnung an ihren Übersetzungen arbeitet.

Korns Grundidee ist gut, lehrte uns doch schon Hitchcock allein mit kleinen Andeutungen und dem Appellieren an unsere innersten Ängste das Fürchten. An den Großmeister des subtilen Schreckens kommt Korn natürlich lang nicht heran, dazu müssten wir beispielsweise mehr über den Mörder erfahren, der merkwürdig platt und fern bleibt. Aber wer kurzweilige Krimi-Unterhaltung sucht, ohne Gefahr zu laufen, nach der Lektüre in jeder Ecke eine existenzielle Bedrohung zu wähnen, der ist mit „Die Katzenfreundin“ gut bedient. ILKA KREUTZTRÄGER

Carmen Korn, Die Katzenfreundin und die Zeichen des Todes, Ellert & Richter Verlag, 176 S., 8,95 Euro