piwik no script img

TAZ-SERIE (TEIL 4): WIE HALTEN SIE ES MIT DEM FLIEGEN?„Die Bahn ist zu teuer“

LUFTVERKEHR 2010 wird der Großflughafen BBI eröffnet. Die Frage, wo die Flugzeuge lärmen werden, erhitzt die Gemüter. Aber es gibt nicht nur Betroffene – die meisten sitzen auch selbst mal im Flugzeug. Oder? Die taz hört sich in den Herbstferien um. Heute: am Südkreuz an der Bushaltestelle des Flughafenshuttles SXF1

Anja (32 Jahre) und Stefan Koch (38)* aus Tempelhof

„Wir sind auf dem Weg nach London. Wir fliegen jedes Jahr einmal dorthin – vor fünf Jahren haben wir da unsere Flitterwochen verbracht. Ansonsten fliegen wir sehr selten. Das hat auch was mit ökologischem Bewusstsein zu tun. Nach Möglichkeit laufen wir oder fahren mit dem Fahrrad. Wenn wir meine Eltern in Heilbronn besuchen, fahren wir mit dem Zug.

Wir sind beide Läufer, Langstrecke. Jeden Tag ca. 10 Kilometer sollten es schon sein. Fluglärm ist auf jeden Fall unangenehm. Wir wohnen in Tempelhof. Ich war sehr froh, als damals beschlossen wurde, Tempelhof zu schließen. Braucht eine Stadt drei Flughäfen? Insofern finde ich den Großflughafen nur konsequent. Natürlich hat immer jemand unter dem Lärm zu leiden. Bedauerlich – aber das betrifft Leute, die an der S-Bahn oder Autobahn wohnen, genauso.“

Renate Jansen (53)* aus Schöneberg

„Ich fliege übers Wochenende nach Bonn. Meine Tochter lebt dort mit ihrer Familie. Meine Enkeltochter feiert am Samstag ihren fünften Geburtstag. Ich reise nicht viel und auch nur in Deutschland. Aber wenn ich mal wegfahre, dann fliege ich. Das klingt zwar komisch, aber das ist für mich einfach eine Kostenfrage. Als Altenbegleiterin habe ich kein besonders üppiges Einkommen. Deshalb kann ich mir Bahnfahren nicht leisten. Ich finde das selber sehr schade, denn mit dem Zug zu fahren ist viel angenehmer als fliegen.

Vor ein paar Jahren noch hat sich mir diese Frage gar nicht gestellt. Da war das Fliegen viel zu teuer und die Bahn die preiswertere Alternative. Irgendwie ist das eine verkehrte Welt. Diese ganze Debatte um den Flughafen und den Lärm ist für mich ehrlich gesagt überhaupt kein Thema. Wir Menschen sind Gewohnheitstiere. Am Anfang ist das Geschrei immer ganz groß. Ich glaube, das legt sich ziemlich schnell, wenn der Großflughafen erst mal eröffnet ist.“

* Name geändert

PROTOKOLLE: MARIE-CLAUDE BIANCO

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen