Weniger Paragrafen, weniger Umweltschutz

Zufrieden stellt Schleswig-Holsteins Landwirtschaftsminister den Entwurf für ein neues Naturschutzgesetz vor. Umweltverbände und Opposition protestieren gegen starke Betonung des privaten Eigentums

Da lacht der Landwirt: „Wir haben die besondere Bedeutung des privaten Eigentums in dem Entwurf berücksichtigt“, sagte Landwirtschaftsminister Christian von Boetticher (CDU) gestern bei der Vorstellung des Landesnaturschutzgesetzes. Das Gesetz gehörte zu dem Paket, das der Koalitionsausschuss am Sonntag verhandelt hatte. Schon gestern kritisierten die Grünen und der SSW, die SPD sei in der großen Koalition eingeknickt.

Von Boetticher dagegen betonte, es sei ein guter Kompromiss erzielt worden, der gewachsene Standards bewahre. Die Betonung der Eigentümer sei wichtig, weil 70 Prozent des Landes Privatleuten gehören – ohne sie gehe nichts: „Der Staat allein kann keinen Naturschutz betreiben.“ Eigentum verpflichte schließlich zu Gemeinwohl. Ingo Ludwichowski, Landesgeschäftsführer des Naturschutzbundes NABU, liest den Gesetzestext anders: Das Privatinteresse erhalte Vorrang vor dem Naturschutz. Vergleichbar wäre, wenn im Sozialgesetzbuch jede Zahlung an Bedürftige nur noch als Almosen der Reichen definiert wäre, heißt es in einer NABU-Mitteilung. Und da der Satz über das Eigentum weit vorn steht, müsse der Rest des Textes durch diese Brille gelesen werden.

Im Vergleich zum heute geltenden ist das neue Gesetz straffer und kürzer: 77 statt 103 Paragrafen wird es umfassen. Es geht um Bürokratie-Abbau, unter anderem bei „Eingriffen in Natur und Landschaft“, sprich: um Bauvorhaben. So soll der Umgang mit Ökokonten einfacher werden. Dabei geht es um naturbelassene Flächen, die bei Neubauten als Ausgleich angeboten werden müssen – diese Flächen sollen in Zukunft leichter gehandelt werden können. Details konnte oder wollte von Boetticher gestern nicht nennen: Eine Verordnung werde Details regeln.

Sparen will das Land, indem es auf Landschaftsrahmenplanung und Grünordnungspläne verzichtet, die von Boetticher für Doppelbürokratie hält, weil andere Prüfverfahren ohnehin angewendet würden. Im Artenschutz soll auf Bundesgesetze verwiesen werden, das Land trifft keine eigenen Regelungen mehr. Biotopverbundsysteme bleiben Bestandteil des Gesetzes.

Einige Verbände, die zum Entwurf gehört wurden, hatten Bedenken angemeldet, weil ihrer Meinung nach Bundes- oder EU-Recht verletzt wird. „Wäre das je konkretisiert worden, wäre ich begeistert“, sagte von Boetticher, der davon ausgeht, dass sein Gesetz keinem anderen widerspricht. Auf die Frage allerdings, wann und wie die Vorlage den Landtag passiert, wich er gestern aus. Es gebe „das Interesse, an Details zu arbeiten“. Protest indes kann nicht nur von der Opposition und Verbänden kommen, sondern auch aus den Reihen des Koalitionspartners SPD. ESTHER GEISSLINGER