Berlin macht vor, wie es geht

IFFLANDS NACHLASS

6.000 Briefe, Bühnenbilder, Regiepläne

Die Botschaft des vergangenen Mittwochs war: In Bayern kann man nicht nur gut Fußball spielen, auch in Sachen Restitution geraubter Kunstwerke ist man up to date – so wie die Hauptstadt. Denn kaum war bekannt geworden, dass nach mehr als 60 Jahren das Archiv des berühmten Berliner Theaterdirektors und Schauspielers August Wilhelm Iffland (1759–1814) wieder an die Spree zurückgekehrt ist, posaunten die Münchner: Der NS-Raub vieler Gemälde und Zeichnungen, die der Kunsthändler Gurlitt bei sich versteckt hat, soll auch wieder restituiert werden. Bald und vollständig.

Schaun mer mal! Immerhin hat Berlin vorgemacht, wie so was geht – schnell und erfolgreich. Mehr als sechs Jahrzehnte lang galt der Nachlass Ifflands als verschollen. Die Dokumente – 35 in Leder gebundene Bände mit mehr als 6.000 Briefen, Bühnenbildern, Regieplänen, Abrechnungen sowie Kostüm- und Besetzungsverzeichnissen – waren ein „Schatz“ der deutschen Theaterlandschaft und des -lebens in Berlin zwischen 1796 und 1814, als Iffland das Königliche Nationaltheater am Gendarmenmarkt leitete und Bühnengeschichte schrieb. Im Besitz Preußens und der Staatsoper verschwand das Archiv des Goethe-Freunds nach dem Zweiten Weltkrieg.

Ausgebombt, geraubt, versteckt? Bis 2013. Als bekannt wurde, dass auf der Ludwigsburger Antiquariatsmesse die Wiener Galerie Inlibris das Iffland-Konvolut für 450.000 Euro anbot, legte der Senat Widerspruch ein und pochte auf das verloren geglaubte Eigentum Berlins. Mit Erfolg, nach kurzen Verhandlungen restituierten die Wiener das Archiv. Als „Schenkung“, um das Gesicht zu wahren.

Immerhin hatten die Wiener – im Unterschied zu Gurlitt – nichts geklaut: Denn die Aufzeichnungen hatte Inlibris von dem Ostberliner Theaterhistoriker Hugo Fetting für 50.000 Euro gekauft. Der hatte behauptet, die Manuskripte 1949 in den Ruinen der Staatsoper gefunden zu haben, und sie zu seinem Besitz erklärt. „Ein Quatsch“, wie der Berliner Rechtsbeistand und Kunstförderer Peter Raue sagt. Ifflands Nachlass war stets im Eigentum der Stadt.

Ende gut, alles gut? Gegen Fetting läuft ein Verfahren bei der Berliner Staatsanwaltschaft. Und das Archiv wird nun vom Landesarchiv digitalisiert und online gestellt. Bühne frei für Iffland! ROLF LAUTENSCHLÄGER